Sie haben ja so recht, lieber Alexander Gerber! Nicht nur, dass viele eine Wahl zum Wissenschafts-Blog des Jahres ernst nehmen. Das ist ja OK. Doch viel schlimmer: Sie nehmen sich selbst viel zu ernst und können es nicht vertragen, wenn der Blog, den sie vertreten oder von dem sie begeistert sind, bei dieser Wahl nicht siegt – oder gar nicht dabei ist. Diese Einstellung hat in diesem Jahr – betrachtet man die Kommentarspalten, und erst recht die über 20 von mir gelöschten Kommentare – die Wahl zum „Wissenschafts-Blog des Jahres 2013“ geprägt.
Zum Glück nur nach Außen! Hinter den Kulissen ging es dagegen eher gelassen zu. Trotz aller Diskussionen war der Wahlverlauf normal: Nach einem Boom der Stimmkampagnen von einigen Fangruppen, die unbedingt Sieger werden wollten, verteilten sich die Stimmen recht gleichmäßig auf die Kandidaten, zur Halbzeit hatten sich die Stimmen weitgehend ausgeglichen und noch fast ein Dutzend Kandidaten hatte gute Chancen, den Lorbeer zu holen. Am Ende waren über 4.000 Stimmen abgegeben, eine deutliche Steigerung zum letzten Jahr. Es gab einen klaren Sieger, wenn auch knapp, und auf den Plätzen landeten Wissenschafts-Blogs, die wohl heftige Diskussionen auslösen werden, aber mit Sicherheit zu denen gehören, die ich persönlich aus guten Gründen – und wohl auch das ebuzzing-Ranking (dessen Top-25 ich als Richtschnur für meine Auswahl nehme) – als Wissenschafts-Blogs sehe. Davon später mehr. Besonders spannend war das Rennen um den dritten Platz, es entschied sich ganz knapp erst in letzter Minute.
Hier ist er, der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2013“, ein alter Bekannter, denn vor zwei Jahren war er bereits Sieger:
„Astrodicticum Simplex“ von Florian Freistetter
Ein klassischer Wissenschafts-Blog, der mit hohem persönlichen Engagement, mit großem Geschick, mit journalistischer Professionalität und enger Web-Affinität über Aktuelles und Wissenswertes aus der Wissenschaft berichtet. Insbesondere aus den Feldern Astronomie und Physik, den Heimatdisziplinen Florian Freistetters – ein Astrophysiker, der das Bloggen zum Beruf gemacht hat. Er trifft in seinen Berichten den richtigen Ton für das Internet-Publikum, sprüht von Ideen und wird nicht müde, sie umzusetzen. Ein paar mehr von diesen Blogs, verteilt auf die anderen Disziplinen, und es wäre ein kompletter Wissenschafts-Nachrichtendienst.
Auf dem 2. Platz landete der Blog:
„Kritische Wissenschaft – critical science“ von ???
Ja, da fange ich schon zu schwimmen an. Wer steckt dahinter? Ein ordentliches Impressum habe ich trotz intensiver Suche nicht gefunden. Ein Blog, der sich auf den Philosophen Karl Popper beruft, sich mit der gesellschaftlichen Seite von Wissenschaft beschäftigt und der zugleich voller Widersprüche steckt – er fordert Transparenz, lässt selbst Transparenz aber vermissen; er startet eine Aktion für eine ideologiefreie deutsche Wikipedia, steckt selbst aber voller Ideologie. Seine Beiträge sind intelligent geschrieben, argumentieren auf höchstem Niveau, und zugleich geht es meist plump gegen gesellschaftliche Entwicklungen wie Frauenrechte, Antirassismus, Gewerkschaften, schlicht alles, was die Blogautoren als „Mainstream“ ansehen und was ihnen nicht passt. Kritik als Selbstzweck? – Sicher ein Thema für eine eingeschworene Gemeinschaft.
Auf dem 3. Platz landete der Blog:
„Klimalounge“ von Anders Levermann, Stefan Rahmstorf und Martin Visbeck.
Alle drei Klimaforscher, in der heutigen forschungspolitischen Diskussion ebenfalls eine eingeschworene Gemeinschaft. Ein Blog, der nicht müde wird, vor den Folgen des Klimawandels zu warnen und dies mit wissenschaftlichen Ergebnissen zu untermauern, dabei streitbar ist bis zu Gerichtsverfahren. Eine Mischung von Wissenschaft und gesellschaftlichem Engagement, entsprechend auch mit einer gehörigen Fangemeinde ausgestattet. Am besten charakterisiert diesen Blog wohl der Titel des jüngsten Blogposts:“Wofür sollten Forscher eintreten?“ Was heißt: Wissenschaft ist nicht nur Erkenntnis, sondern fordert zum aktiven Handeln heraus.
Übrigens: Nur ganz knapp geschlagen wurde von der „Klimalounge“ der Viertplatzierte, der „Science Skeptical Blog“ der genau die andere Seite der Klimadebatte vertritt und ebenfalls mit einer breiten, sehr aktiven Fangemeinde ausgestattet ist. Das war bis zum Schluss buchstäblich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Science Skeptical Blog wurde im vergangenen Jahr übrigens zweiter bei der Wahl der Wissenschafts-Blogs des Jahres.Der Sieger des Vorjahres, der Blog „Planckton“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, landete dieses Mal ebenfalls in der Spitzengruppe, aber ganz knapp nicht auf den vorderen drei Plätzen.
Was ist eigentlich ein „Wissenschafts-Blog“? Diese Frage taucht immer wieder in den Kommentaren auf, etwa wenn es darum geht, dass ein Klimaskeptiker-Blog direkt gegen einen Klimaforscher-Blog konkurriert, oder wenn sich jemand wundert, was ein Blog zu Ufos und PSI-Phänomenen mit den Skeptikern der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften gemein haben. Nun: In allen geht es um Wissenschaft. So breit aufgestellt Wissenschaft ist, von der Kosmologie bis zur Durchdringung historischer Ereignisse, unsere Gesellschaft ist in ihren Sichtweisen noch breiter. Und Wissenschafts-Blogs gehören – schon von ihrer Bezeichnung her – nicht zur Welt der Wissenschaft, wo Forscher entscheiden mögen, was Wissenschaft ist und was nicht. Sondern zur Welt des Internets, das die ganze Breite der Interessen und Perspektiven unserer Gesellschaft widerspiegelt. Ich denke, es ist wichtig, dass Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren (die zwei Kernzielgruppen dieses Blogs) immer wieder auch damit konfrontiert werden, dass es nicht nur die wissenschaftliche Sichtweise der Welt gibt. Wenn Wissenschaft mit dem Rest der Gesellschaft besser kommunizieren will, dann muss sie sich auch mit allen ihren Perspektiven auseinandersetzen.
Als Richtschnur für die Auswahl der Kandidaten dienten die Top-25 des renommierten ebuzzing-Rankings der Wissenschafts-Blogs. Nicht nur, weil dieses Ranking offensichtlich ein ähnliches Verständnis von Wissenschafts-Blogs hat, sondern weil ich ein Korrektiv meiner eigenen Meinung suche, ich mir eine breitere Übersicht über die Welt der Wissenschafts-Blogs erhoffe, als ich sie allein jemals gewinnen kann. Natürlich nutze ich die Freiheit, um auch – als „Picks der Redaktion“ – einzelne Blogs in die Kandidatenliste mit aufzunehmen, die ich für interessant und bemerkenswert halte, schon allein um ihnen ein bisschen mehr Bekanntheit zu verschaffen (in der Wahl haben sie alle auf den hinteren Plätzen abgeschnitten, was zwar nicht für Popularität und Fangemeinde spricht, sie aber keineswegs weniger interessant und anregend macht).
Und natürlich darf niemand an eine Internet-Wahl die Kriterien anlegen, die man natürlicherweise etwa für eine Bundestagswahl erwartet. Trotz IP-Adressen-Check und Cookies sind Doppelstimmen, Abstimmungskampagnen und vielleicht auch mehr oder weniger große technische Tricks immer möglich. Wer mich unterstützen kann, um die Wahl weniger manipulationsanfällig zu machen – soweit das im Internet überhaupt geht – ist hoch willkommen. Bitte melden.
Ich meine aber, wer die möglichen Tricksereien nutzt, um seine Favoriten zum Sieger zu machen, desavouiert sich und entwertet den Sieg damit auch selbst. Denn ist der Sieg hier tatsächlich so wichtig, dass man illegitime Wege gehen muss? Wir versuchen, mit den Mitteln, die einem nichtkommerziellen Blog zur Verfügung stehen, eine möglichst faire Wahl durchzuziehen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.
Ach ja, und die Diskussionen in den Kommentaren! Da ging es im wesentlichen um einen Blog, der dieses Jahr gar nicht zur Wahl stand, da er eine kleine, aber im Sinne der Transparenz wichtige Formalie nicht eingehalten hatte. Und das artete dann in einen Kleinkrieg einzelner Blogs und ihrer Anhänger aus. Dafür ist diese Wahl sicher nicht die richtige Plattform. Um die Leser dieses Blogs nicht zu langweilen, habe ich Kommentare zu diesem Thema gelöscht und keine weiteren mehr angenommen. Natürlich habe ich mir von einzelnen Fanatikern dafür den Vorwurf der Zensur eingehandelt. Sei‘s drum, ich finde Diskussionen in Blogs toll, sie sind ein wichtiger und anregender Bestandteil dieses Mediums. Aber wer langweilt, verhindert Information. Und das will ich hier vermeiden.
Olga
7. Januar 2014
Hallo Herr Korbmann,
Glückwunsch zur Aufmerksamkeit, die Ihnen und Ihrem Blog entgegengebracht wurde. Das geht wohl zwangsläufig nur, indem man eindeutig wissenschaftsfeindliche Plattformen, wie das unsäglich politisierte Laientheater ScSk mit ins Boot holt und zur Wahl stellt. Zwar ist zu begrüßen, dass letztendlich die Vernunft gesiegt hat und „echte“ Wissenschaftsblogs ganz oben gelandet sind. Das kann nächstes Jahr schon wieder ganz anders aussehen, wenn auch das EIKE-Proletariat mitmischen darf. Die Kritik von Herrn Freistetter und Herrn Kreuer kann ich voll und ganz nachvollziehen, und ich verstehe auch Herrn Rahmstorf nicht, warum er sich auf diese Art und Weise mit Klimaleugnern messen möchte.
Für die diesjährige Abstimmung empfehle ich Nominierungen in zwei Kategorien. 1) Wissenschaft und 2) Pseudowissenschaft/Esoterik.
Grüße
Olga
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Peter Heller
6. Januar 2014
Leider kann ich die Vorschlagsliste nicht mehr einsehen. Nach meiner Erinnerung – auch bestätigt durch die aktuelle ebuzzing-Liste, war allerdings nur ein Blog auf dieser enthalten, der sich esoterischen Themen vielleicht zu unkritisch widmet: Grenzwissenschaft Aktuell. „Klimawandelleugner“ waren überhaupt nicht vertreten.
Herr Korbmann hatte etwa 25 Blogs nominiert (stimmt die Größenordnung?).
Einer von 25 würde also die harsche Kritik von Herrn Freistetter rechtfertigen. Er mag sich hier gerne selbst dazu äußern, aber ich verstehe die ganze Diskussion vor diesem Hintergrund nicht. Man sollte doch bei den Fakten bleiben (das wäre jedenfalls „wissenschaftlich“).
Vielleicht, Herr Korbmann, mögen Sie Ihre Vorschlagsliste erneut veröffentlichen und dann gehen wir einfach mal die Blogs durch und suchen die, die Herr Freistetter meinen könnte. Die Kritik an Ihrem Engagement wird sich dann ganz schnell in Luft auflösen.
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Dieter Kreuer
5. Januar 2014
Hallo Herr Korbmann,
Es gibt eine Reihe von Menschen und Organisationen, die gerne Wissenschaft sein möchten und den Eindruck erwecken, sie seien Wissenschaft, obwohl sie eigentlich nur abstruse Privattheorien verbreiten, ihre Bücher oder entsprechende Produkte verkaufen möchten, oder eine politische Agenda verfolgen und Fehlinformationen z.B. zum Klimawandel verbreiten. Einem Wissenschaftskundigen fällt die Unterscheidung von echter Wissenschaft und Pseudowissenschaft nicht schwer. Wenn die Aussagen auf renommierten Quellen beruhen, die im Peer-Review-Verfahren von anderen Wissenschaftlern des gleichen Fachs gut geheißen wurden, dann ist das echte Wissenschaft. Vielen Menschen fällt die Unterscheidung jedoch nicht leicht, weil ihnen der fachliche Hintergrund fehlt. Indem unwissenschaftliche Blogs in einen Wettbewerb mit echten Wissenschaftsblogs gestellt werden, wird der Eindruck erweckt, sie alle seien gleichwertig, und somit wird ein fatales Signal an die Öffentlichkeit gesendet.
Früher wurde wissenschaftliche Information ausschließlich gefiltert über die Wissenschaftsredaktionen von Zeitschriften und anderen Medien an die Öffentlichkeit gebracht und es brauchte kaum Medienkompetenz, um an echte sachliche Informationen zu gelangen. Heute kann hingegen jeder veröffentlichen, was er will, und manche Medien tragen besonders dick auf, um möglichst viele Zuschauer anzulocken, wie z.B. vor zwei Jahren die zahlreichen Sendungen über den Weltuntergang 2012 in den Privatsendern belegten, bei denen erst in den letzten zwei Minuten eher vage aufgelöst wurde, dass Wissenschaftler die Prophezeiungen überhaupt nicht ernst nehmen. Eine Menge Menschen wurden dadurch ernsthaft verängstigt.
Mangels Medienkompetenz haben Verschwörungstheorien, Kreationismus, Mondlandungsleugnung und die Leugnung des Klimawandels auch bei uns Fuß fassen können, die vor 20, 30 Jahren in Deutschland noch kein Thema waren bzw. gewesen wären. Es sollte die Aufgabe eines jeden Journalisten und Wissenschaftsbloggers sein, ihre Medienkompetenz an die vor allem jüngeren Leser weiter zu geben, so dass diese nicht von all dem Unsinn im Internet fehlgeleitet werden. Das könnte sich für den den Bildungsstandort Deutschland und die zukünftige Politik in unserem Land ansonsten als fatal erweisen, denn nur wer richtig informiert ist, kann die richtige Wahlentscheidung treffen. Die USA haben uns beim Shutdown im letzten Jahr schon eindrucksvoll vor Augen geführt, wozu von Ideologie verblendete Politik führen kann.
Es macht auch keinen Sinn, aus einem hier nicht angebrachten Demokratieverständnis heraus auch die „andere Seite“ zu Wort kommen zu lassen, als ob man über das Gravitationsgesetz verschiedener Meinung sein könnte – nur wo ein ernsthafter Disput zwischen Wissenschaftlern statt findet, ist dies angebracht. Es gibt nur eine Realität und nur eine Wissenschaft, die sie mit der besten Methodik untersucht, die wir haben.
Deswegen stimme ich voll mit Herrn Freistetter überein, wenn er nicht in einem Atemzug mit Esoterikern und Klimawandelleugnern genannt werden will, auch wenn er diesmal in der Lesergunst die Nase vorn hatte. Wer weiß, wie lange noch.
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Peter Heller
4. Januar 2014
Lieber Herr Korbmann,
mein Vorschlag wäre, nach rein formalen Kriterien zu gehen.
Zunächst sollte man über professionelle Blogs, die beispielsweise von einer dafür bezahlten Redaktion (Zeitungen u.ä.) gemacht werden, und Freizeitblogs in getrennten Kategorien abstimmen. Als weiteres wäre die Frage nach eigenen Inhalten zu stellen. Blogs, die nur als „Nachrichtenportale“ gedacht sind, also lediglich Texte Dritter anteasen, sollte man nicht zulassen. Drittens leben Blogs auch von den Kommentaren. Blogs, in denen Kommentare und Diskussionen nicht zugelassen sind, sollte man ebenfalls von der Abstimmung ausschließen.
Ich habe die Vorschlagsliste jetzt nicht daraufhin überprüft.
Nach inhaltlichen Kriterien würde ich keine Vorauswahl treffen, dies sollte man schon den Lesern überlassen. Alles andere wäre subjektiv und böte zuviel Raum für zerstörerische Debatten. Wenn eben Kreationisten, UFO-Sektierer und andere Esoteriker entsprechenden Zuspruch haben, dann ist das so. Offensichtlich ist aber keiner dieser Blogs auf den vorderen Plätzen bei der Abstimmung gelandet.
Aus Ihrer Sicht ist die Aufnahme „umstrittener“ Inhalte ja nur von Vorteil. Dies sichert Diskussionen über diese Abstimmung an verschiedenen Stellen im Internet und verschafft der Sache von Jahr zu Jahr mehr Aufmerksamkeit.
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Soeren Hader
4. Januar 2014
Hallo Herr Korbmann, ich kann die Kritik von Florian Freistetter zur Auswahl der Blogs sehr gut nachvollziehen. Ich kann aber auch verstehen, dass Sie rein formell erstmal ein breites Spektrum an Teilnehmern haben wollten, da es in allen Blogs mehr oder weniger um Wissenschaft geht.
Egal wie man nun zu den Auswahlkriterien steht, es bietet sich doch jetzt die Gelegenheit an, darüber zu diskutieren, was überhaupt ein Wissenschaftsblog ist und gibt es da vielleicht Qualitätsansprüche, die man diesbezüglich aufstellen könnte. Und wichtig finde ich auch die Frage zu stellen, ob es unter den Blogs auch solche gibt, die der Wissenschaft durch eine unwirkliche Darstellung eher schaden, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Denn es ist schon erstaunlich, welche Vorstellungen von wissenschaftlicher Praxis man in einzelnen Blogs von Autoren und Kommentatoren wiederfindet. Das geht meist soweit, dass man Verschwörungen innerhalb der Wissenschaft für möglich hält, mit dem Ziel bestimmte Ansichten über naturwissenschaftliche Phänomene zu unterdrücken. Spätestens da sollte es zumindest im kleinen Finger aller derjenigen jucken, die in ihrem Leben tatsächlich mal mit Wissenschaft zu tun hatten.
Ich würde es zumindestens begrüßen, wenn über diese Aspekte mal ausführlicher debattiert wird, auch wenn das evtl. zur Folge hat, dass Anhänger oben beschriebener Blogs sich zahlreich zu Wort melden.
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Reiner Korbmann
4. Januar 2014
Der Sieger dieser Wahl, Florian Freistetter, hat sich in einem Kommentar im Blog [sic] – science&innovation communication von Alexander Gerber kritisch zur Auswahl der Kandidaten für die Wahl des „Wissenschafts-Blogs des Jahres“ geäußert. Da die Frage grundsätzliches Interesse auch für die leser dieses Blogs hat, will ich hier meine Antwort auf seinen [sic]-Kommentar wiederholen:
@Florian Freistetter: Erst einmal herzlichen Glückwunsch von meiner Seite.
Sie berühren mit Ihrer Kritik der Kandidaten zur Wahl eine ganz fundamentale Frage: Für wen ist Wissenschaftskommunikation da? Für diejenigen, die ohnehin schon „katholisch“ sind, also diejenigen, die die Grundlagen der Wissenschaft kennen, sie ernst nehmen und versuchen, sie in ihr eigenes Weltbild und ihre Entscheidungen einzubeziehen? Oder für die Wissenschaft, die versucht, auf diesem Weg mit der Gesellschaft – von der sie abhängt – im Gespräch zu bleiben, die für ihre Arbeit notwendigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu bewahren bzw. zu verbessern und der Gesellschaft etwas zurückzugeben, da Wissenschaft ja von ihr als Dienstleister, der Wissen schafft, finanziert wird, sie von ihr ihre Privilegien erhält und eine hohe Reputation eingeräumt wird.
Jeder Blogger ist frei, sich über diese Frage hinwegzusetzen und nur für diejenigen zu schreiben, die er sich vorstellt und wünscht. Wenn man aber Wissenschaftskommunikation als eine gesellschaftliche Aufgabe versteht (was ich tue), dann kann man nicht darüber hinwegsehen, dass etwa in den USA 27 Prozent der Erwachsenen nicht wissen, dass die Erde um die Sonne kreist (und nicht umgekehrt, wie der Augenschein nahelegt), oder dass nur die Hälfte der amerikanischen Erwachsenen weiß, wie lange die Erde für einen Umlauf braucht – und muss Schlussfolgerungen ziehen zur Kreationismus-Debatte und anderen Absurditäten der politischen Diskussion. Selbst wenn die Prozentzahlen bei uns in Europa anders aussehen mögen, ich kann mich gut an Debatten um Wissenschaft hier erinnern, die im Niveau denen in den USA nicht nachstehen. Etwa als führende Vertreter der öffentlich-rechtlichen ARD allen Ernstes stundenlange Berichterstattung über UFO-Sichtungen als Teil ihrer Wissenschafts-Berichterstattung verkauft haben.
Wer meint, dass Wissenschaftskommunikation versuchen muss, die ganze Gesellschaft zu erreichen, der muss sich auch mit den Stimmen auseinandersetzen, die Sie als „pseudo- und antiwissenschaftlich“ bezeichnen, oder mit denen, die sich für Wissenschaft schlicht nicht interessieren, weil ihnen die Einschaltquote, das neueste Facebook-„Gefällt mir“ oder das nächste Spiel ihres Bundesliga-Favoriten sehr viel wichtiger sind. Dazu kommt – das habe ich selbst hinter den Kulissen der Wahlen zum „Wissenschafts-Blog des Jahres“ kennengelernt – dass die Anhänger dieser „nicht-wissenschaftlichen“ Stimmen meist sehr viel engagierter, kämpferischer und politischer auftreten als diejenigen, die schon „katholisch“ sind.
Zu der Auseinandersetzung mit diesen anderen, nicht-wissenschaftlichen Denkwelten will ich mit der Auswahl der Kandidaten zur Wahl des „Wissenschafts-Blogs des Jahres“ anregen, zumal diese „nicht-katholischen“ Blogs im Ranking der einflussreichsten Wissenschafts-Blogs ganz oben stehen. Das sollte ein Alarmzeichen sein. Wer sich damit erst beschäftigt, wenn wir auch bei uns eine ernsthafte Kreationismus-Debatte haben, darf sich nicht wundern, wenn er mit seinen Argumenten zu spät kommt.
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Soeren Hader
2. Januar 2014
Sehr geehrter Herr Klein, Sie schreiben: „Darüber hinaus bin ich der Ansicht, dass die meisten Menschen zum Denken fähig sind und entsprechend beurteilen können, ob eine Information richtig ist oder falsch.“ Genau das rauszufinden, ist für die Menschen keine Trivialität. Und manchmal habe ich den Eindruck, dass es im Internetzeitalter auch manchmal schwerer geworden ist, eine Aussage in Richtigkeit und Relevanz korrekt zu bewerten. Wie dem auch sei, ich kannte Ihren Blog bis zuletzt gar nicht und die gute Platzierung hat mich zugegebenermaßen neugierig gemacht, so dass die kommenden freien Tagen vielleicht mal Anlass bieten werden, dort mal reinzuschauen.
Bis dahin kann ich natürlich nichts inhaltliches zu dem Forum sagen, in einem Punkt würde ich aber Herrn Korbmann in dem Punkt zustimmen, dass es in Sachen Transparenz sicher von Vorteil ist, ein Impressum anzugeben. Ich schaue bei einem Forum oder Internetseite in der Regel nicht (sofort) aufs Impressum, aber wenn mich das Thema und die Beiträge interessieren, dann wächst auch das Interesse, mehr über die „Macher“ zu erfahren. Die Wertigkeit von Informationen hängt in unserer subjektiven, menschlichen Sichtweise auch vom Vertrauen ab, welches man den Sender entgegenbringt. Vertrauen ist nicht alles, aber soziologisch gesehen spielt das schon eine Rolle und selbst in der nüchternen Wissenschaft kann man sich nicht davon freimachen.
Soweit meine two cents.
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Michael Klein
2. Januar 2014
Einerseits freuen wir uns darüber, dass ScienceFiles es aus dem Stand auf Platz zwei geschafft hat, andererseits finde ich die Beschreibung von ScienceFiles, die hier vorgenommen wird, einfach nur daneben. Erstens haben wir ein Grundsatzprogramm, dem jeder des Mouseclicks mächtige entnehmen kann, welches wissenschaftliche Selbstverständnis wir haben. Zweitens finde ich den Rant über Kritik an allem, „was nicht zum Mainstream“ gehört, ungehörig, vor allem, wenn man bedenkt, dass wir unsere Kritik IMMER begründen, im Gegensatz zum Autor dieses blogs. Und wenn der Autor nicht soviel Zeit mit der Suche nach dem Impressum verschwendet hätte, und sich statt dessen mehr den Inhalten zugewendet hätte, wäre ihm das sicherlich aufgefallen. Aber, wir sind alle Kinder unseres geistigen Frames und zumindest den haben Sie deutlich offengelegt – also Sie der Autor dieses Posts, der nicht genannt ist. Ja, Thema Impressum: Wer ScienceFiles liest, bekommt sehr schnell einen Eindruck davon, wer ScienceFiles betreibt, auch ohne Impressum. Letzteres gibt es schon deshalb nicht, weil das Blog in Wales ansässig ist und entsprechend einer anderen Jurisdiktion unterliegt, die den deutschen Humbug nicht kennt.
Eine Bitte habe ich noch, weil ich Vorwürfe wie den, dass ScienceFiles voller Ideologie steckt, absolut nicht leiden kann: Wie wäre es, Sie belegen ihre absurde Behauptung und demonstrieren uns und allen Ihren Lesern, wo sich in ScienceFiles Ideologie findet, also Aussagen, die nicht begründet sind, Behauptungen, die an Affekte appellieren. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Beispiele.
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Reiner Korbmann
2. Januar 2014
Lieber Herr Klein,
gehören Sie auch zu den Leuten, die es nicht ertragen können, wenn sie nicht siegen? „Einfach nur daneben“ und „ungehörig“ sind tatsächlich schlagende Begründungen für Ihre Kritik an meiner Kurzbeschreibung. Ich gehe einig mit Ihnen, dass die geistigen Frames bei allen Menschen eine Rolle für die Wahrnehmung spielen – ja tatsächlich bei allen, auch bei Ihnen. Ich halte meinen Frame immerhin so offen, dass ich auch Blogs zur Wahl stelle, mit denen ich nicht einverstanden bin.
Zwei Dinge muss ich aber korrigieren: Der Autor aller Blogposts bei „Wissenschaft kommuniziert“ wird genannt, ist sogar im Bild jeweils präsent – ein Klick auf „Warum dieser Blog?“ oder auf das Impressum genügt, um auch Adresskoordinaten zu bekommen. Und zum Zweiten: Wer ein Impressum (auch in Wales möglich) oder andere Hintergrundinformationen zu den Machern einer Publikation für „deutschen Humbug“ hält, der hat nicht verstanden, wie wichtig Quellen für die Nachprüfbarkeit einer Information sind oder er hält nichts von Transparenz.
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