Ausbildungs-Wüste Wissenschaftskommunikation – mit ganz wenigen Oasen :Treffpunkt #WisskomMUC

Posted on 24. Januar 2023

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Die Ausbildungssituation der Wissenschaftskommunikation in Deutschland

Markus Weißkopf, langjähriger Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“ (WiD) und ein wichtiger Impulsgeber für eine professionelle Wissenschaftskommunikation in Deutschland.

Um es gleich zu sagen: Noch nie war ich nach einem „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“ so niedergeschlagen, wie nach diesem. Es ging um die Situation der Ausbildung für die Wissenschaftskommunikation in Deutschland. Und niedergeschlagen nicht etwa, weil die Referenten nicht bedeutsame Fakten zum Thema vorgelegt hätten – ganz im Gegenteil, sie waren ausgezeichnet. Nicht etwa weil die Teilnehmer nur auf niedrigem Niveau zu den Problemen diskutiert und zusätzliche Aspekte auf den Tisch gelegt hätten – ganz im Gegenteil, die Diskusssion war hochklassig, wie meist beim „Treffpunkt“. Nicht etwa weil technisch bei der Online-Veranstaltung nicht alles geklappt hätte – ganz im Gegenteil, es lief reibungslos.

Ich war niedergeschlagen weil die dargelegten Fakten zu den Ausbildungsmöglichkeiten für Wissenschaftskommunikation gezeigt haben: Da herrscht Wüste, ganz trockene Wüste, mit nur ganz wenigen Oasen. Und das in einer Szene, die auf Ausbildung und akademische Abschlüsse größten Wert legt, die in allem, was sie ausmacht, völlig von der Gesellschaft abhängig ist und die  gerade in letzter Zeit die gute Kommunikation mit dieser Gesellschaft zu ihren herausragenden Zielen erklärt hat: in der Wissenschaft. Die entscheidende Nahtstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft aber bleibt die Wissenschaftskommunikation.

Doch der Reihe nach: Wir sprechen vom „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“, bei dem Markus Weißkopf, langjähriger Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“, vor allem aber in diesen zehn Jahren ein wichtiger Impulsgeber für die Professionalisierung der Wissenschaftskommunikation, eine traurige Bilanz zog: Es gibt kaum Möglichkeiten sich für eine professionelle Wissenschaftskommunikation in Deutschland ausbilden zu lassen, weder entsprechende Studiengänge, noch einschlägige Qualitätskriterien für die praktische Ausbildung, etwa in einem Volontariat.

Daneben stellten die beiden Professorinnen, Anette Leßmöllmann vom Lehrstuhl für Wissenschaftskommunikation des KIT in Karlsruhe, und Prof. Anke van Kempen, Professorin für Unternehmens- und Technologiekommunikation an der Hochschule München, zwei Beispiele für interessante Studiengänge vor. Angesichts der Wüste war dies schon ein fast schon komplettes Bild der Möglichkeiten.

Gastgeber des Abends, der wieder online stattfand, war das Munich Science Communication Lab (MSCL), eine junge Einrichtung bei den Kommunikationswissenschaften der Universität München, die sich die Forschung zur Wissenschaftskommunikation in Verbindung mit der Praxis zum Ziel gesetzt hat, ins Leben gerufen im letzten Sommer durch eine Förderinitiative der VolkswagenStiftung (Näheres siehe „Vier neue Zentren für die Wissenschaftskommunikation“ in diesem Blog).

Wissenschaftskommunikation: Eine Welt der Quereinsteiger

Fast 60 Prozent der Führungskräfte haben keine einschlägige Ausbildung, Fort- und Weiterbildung werden eher selten genutzt. Sieht so Professionalität aus?

Schon die Antwort auf die Frage von Markus Weißkopf „Wer sind wir?“ zeigte, welche Defizite es gibt. Weißkopf bezog sich dabei auf eine etwa sechs Jahre alte Studie von Prof. Leßmöllmann über Hochschulpressestellen. Ergebnis kurz gefaßt: Die Welt der Wissenschaftskommunikation ist voll von Quereinsteigern, nur eine Minderheit hat diesen Beruf von der Picke auf gelernt. Rund 60 Prozent der Wissenschaftskommunikatoren in leitenden Funktionen kommt aus anderen Berufsfeldern, haben also keine „einschlägige“ Ausbildung (wobei Ausbildungen in Kommunikationswissenschaften, Medienwissenschaften oder Journalistik als „einschlägig“ gewertet wurden). Bei ihren Mitarbeitern sind es über 55 Prozent. Und trotz der großen Zahl von „Reingeschmeckten“ unter den Wissenschaftskommunikatoren haben nur knapp ein Viertel der Leitenden und nur 20 Prozent ihrer Mitarbeiter einschlägige Fort- oder Weiterbildungen absolviert. Doch zum Problem der Fort- und Weiterbildung später mehr.

Wenn jetzt der Vorwurf vom Dilettanten-Berufsstand aufkommt – Vorsicht! Zum einen, wo hätten sie es denn lernen sollen. Und zum Zweiten ist es angesichts dieser fachlichen Voraussetzungen ganz erstaunlich, was in den letzten 20 Jahren an Professionalisierung der Wissenschaftskommunikation geleistet wurde. Doch – um es einmal flappsig zu sagen – ein Sprung von 10 auf 20 Prozent ist immerhin eine Verdoppelung, aber im Ergebnis immer noch recht wenig.

Wissenschaftskommunikation wird immer komplexer

Wissenschaftskommunikation ist komplex geworden, verfolgt heute vielfältige, differenzierte Ziele, von der öffentlichen Sichtbarkeit der Institution bis zur Legitimation des Elite-Status.

Zugleich haben sich in den rund 25 Jahren seit dem PUSH-Memorandum (siehe auch „20 Jahre PUSH“ in diesem Blog) die Ziele der Wissenschaftskommunikation enorm ausdifferenziert. Bei Weißkopfs Vortrag passten die 16 unterschiedlichen Zielsetzungen kaum auf ein Chart: von der öffentlichen Sichtbarkeit der Hochschule (98,3%) und dem eigenen Profil (82,9%), von der emotionalen Bindung (82,9%) und der Anwerbung von Studierenden (80,6%) bis zum Standing im internationalen Wettbewerb (43,4%) und der Legitimation, etwa des Exzellenz-Status (42,9%). Die Prozentzahlen zeigen, wieviele Hochschulkommunikatoren jeweils die Zeilsetzung nannten.

Dabei stehen institutionelle Ziele, so Weißkopf, eindeutig im Vordergrund. Gemeinnützige Ziele der Wissenschaftskommunikation (wie Akzeptanz, Faszination schaffen oder Vertrauen fördern) folgen erst ziemlich weit hinten. Zugleich wird das Spektrum der Aufgaben in der Wissenschaftskommunikation immer breiter. Waren früher die „Pressestellen“ wirklich Pressestelle, wo es vor allem darum ging, Pressemitteilungen zu verfassen und Journalistenanfragen zu beantworten, sind es mit der Entwicklung der Online-Medien und der gezielten Zielgruppenarbeit heute ganz unterschiedliche Tätigkeiten, die von der Kommunikationsabteilung verlangt werden: Von der Online-Redaktion und Medienarbeit bis hin zu Strategieentwicklung, Alumnibetreuung oder Fundraising. 15 unterschiedliche Tätigkeitsbereiche zählte Weißkopf auf, die heute von den Kommunikatoren betreut werden müssen.

Zu Deutsch: Wissenschaftskommunikation ist heute sehr viel komplexer geworden, erfordert vielfältigere Fähigkeiten als zu PUSH-Zeiten. Kein Wunder also, dass in dieser Studie über 70 Prozent der Befragten folgender Aussage zustimmten: „Die Hochschulkommunikation ist die ‚eierlegende Wollmilchsau‘, die zwischen den widersprüchlichen Wünschen und Erwartungen ihrer Bezugsgruppen zerrieben wird“. Oder weniger witzig ausgedrückt: Die Kommunikatoren fühlen sich überfordert.

Aus „Pressestellen“ sind Kommunikations-Spezialisten geworden: Das Spektrum der Aufgaben ist so breit, wie es in einer Informationsgesellschaft sein muss. All das ohne fachgerechte Ausbildung?

Da könnten natürlich eine gute Ausbildung und lebenslanges Lernen helfen, um den ständig sich erweiternden Anforderungen (demnächst auch noch ChatGPT und Künstliche Intelligenz, etc.) gerecht zu werden. Doch Möglichkeiten zu einer fundierten Ausbildung von Grund auf, naheliegend ein Studium, das auch die Dienstherren der Kommunikatoren, die Wissenschaftler, als hinreichend anerkennen um „Augenhöhe“ des Kommunikators zu erreichen, kennt Weißkopf nur zwei, eine dritte lernte er beim „Treffpunkt“ kennen. Immerhin sind einige Studiengänge, etwa in Ulm, in Bremen oder in Kleve, in den letzten Monaten wieder eingestellt worden. Doch das ist kein Trend, betonte in der Diskussion Prof. Leßmöllmann. Sie wisse, dass einige neue Studiengänge vorbereitet werden.

Studium Wissenschaftskommunikation nur an drei Hochschulen

Die beiden Studiengännge, die der Ex-WiD-Geschäftsführer sieht, sind der Studiengang „Wissenschaft-Medien-Kommunikation“ (Bachelor und Master) am KIT in Karlsruhe und der Master-Studiengang „Wissenschaftsmarketing“ an der TU Berlin. Der dritte, an der Hochschule München, der gerade drei Monate im ersten Semester läuft, wurde beim „Treffpunkt“ vorgestellt. Wieweit das Berliner Studienziel „Marketing“, hinter dem ja das Ziel des „Verkaufens“ steckt, dem Ziel der Wissenschaftskommunikation entspricht, wo es vor allem um das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft geht, konnte leider bei diesem „Treffpunkt“ nicht geklärt werden.

Nicht besser als um die Ausbildung, steht es in Deutschland um die Fortbildung für die Wissenschaftskommunikation, die ja angesichts sich wandelnder Anforderungen, aber auch angesichts vieler in anderen Bereichen ausgebildeter Kollegen ebenso notwendig ist. Markus Weißkopf konnte auch hier nur zwei Adressen nennen: Das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation „Nawik“ in Karlsruhe, das sich vor allem auf kommunizierende Wissenschaftler konzentriert, für Kommunikatoren nur wenig im Programm hat, und das „Forum Wissenschaftskommunikation“ von WiD, dessen Profil Weißkopf selbst viele Jahre nachhaltig geprägt hat. Letzteres findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt (2023 vom 15.-17. November in Bielefeld). Auch hier eine Ergänzung des Berichterstatters: Auch die Jahrstagung des Bundesverbandes Hochschulkommunikation bietet jährlich bei ihrer Jahrestagung ein stark fortbildungsorientiertes Programm, vor allem aber für Mitglieder. Ob es private Anbieter gibt, die für Wissenschaftskommunikation geeignete Angebote machen, blieb offen. Entsprechende Recherchen von Weißkopf führten zu keinem greifbaren Ergebnis.

Einen Punkt führte Markus Weißkopf an, der für viele Wissenschaftskommunikatoren schmerzhaft sein dürfte: So sehr sich viele von ihnen für die Initiative des Bundesforschungsministeriums (BMBF) „#factorywisskomm“ engagiert hatten, im Ergebnis, so Weißkopf, blieben die Kommunikatoren weitgehend ausgeblendet, das Ministerium legte den Fokus voll auf kommunizierende Wissenschaftler (siehe dazu auch „Ein Werkzeugkasten – keine Handwerker?“ in diesem Blog).

Viele Teilnehmer waren dieses Mal erstmals beim „Treffpunkt“: Viel Interesse bei jungen Menschen für die Wissenschaftskommunikation.

Das Thema Ausbildung, so ein Zwischenfazit von Weißkopf, steht viel zu wenig auf der Agenda bei den Diskussionen um die Wissenschaftskommunikation – sowohl in der Wissenschaft als auch bei den Kommunikatoren. Die wenigen Angebote, die geringe Zahl originär ausgebildeter Kommunikatoren und die zunehmende Zahl von Zielsetzungen und Anforderungen führten dazu, dass auch nur wenige über aktuelle Erkenntnisse der Kommunikationsforschung Bescheid wissen, und noch viel weniger danach gehandelt wird. Ein Beispiel aus dem letzten „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“, wo es um die Lehren aus der Pandemie ging: Grundlegende Erkenntnisse zur Krisenkommunikation, die seit 40 Jahren bekannt sind, wurden kaum beachtet, etwa die Folgen von „negativem Framing“.

Wer engagiert sich für eine bessere Ausbildung?

Doch angesichts der vielen schlechten Nachrichten zur Ausbildungssituation der Wissenschaftskommunikation: Wie soll es besser werden? Auf welchem Weg kann man die Ausbildung für dieses wichtige Feld entwickeln? Weißkopf präsentierte dazu folgende Ideen: Zunächst, so meint er, braucht es gründliche und aktuelle Analysen, etwa ein konsequentes Monitoring des Berufsstandes und des aktuellen Angebots an Aus- und Fortbildung. Aber auch kompetente Antworten auf die Frage, was das Besondere an Wissenschaftskommunikation sei, etwa im Unterschied zur etablierten Unternehmenskommunikation. Daraus gelte es zu ermitteln, was Wissenschaftskommunikatoren eigentlich speziell lernen sollten, also ein Basis-Curriculum. Schließlich sollte ermittelt werden, wie hoch eigentlich der Bedarf an Wissenschaftskommunikatoren in Deutschland ist, ob die zwei bis drei Studiengänge ausreichen, diesen Bedarf zu decken.

Und wer soll diese Erkenntnisse generieren? Wer nimmt – in der zersplitterten Landschaft der Wissenschaftskommunikation in Deutschland  – das Heft in die Hand? Da griff Markus Weißkopf auf die Idee des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten (und Vorsitzenden des Forschungsausschusses) Dr.Ernst-Dieter Rossmann zurück, der in seiner aktiven Zeit eine „Akademie für Wissenschaftskommunikation“ vorgeschlagen hatte, also eine zentrale Institution, die sich um die professionelle Entwicklung dieser „Brücke zur Gesellschaft“ bemüht, wie er im Interview mit diesem Blog erläuterte. Rossmann (übrigens immer wieder gern gesehener Gast des „Treffpunkts“) scheiterte vor drei Jahren wohl auch an dem unglücklichen Namen (eine „Akademie“ kann eine Lehranstalt sein, aber auch eine traditionsreiche Gelehrtengesellschaft), der sofort den Widerstand der deutschen Wissenschaftsakademien provozierte, aber auch an Auseinandersetzungen des Vorwahlkampfes sowie an der Tatsache, dass sein Rückzug  aus der aktiven Politik absehbar war. Doch unter anderem Namen spräche viel für diese zentrale Institution. Sie könnte, so Weißkopf, wichtige Aufgaben übernehmen, etwa den Transfer zwischen Forschung und Praxis zur Wissenschaftskommunikation, die Fortbildung der professionellen Kommunikatoren oder die Erhebung und Strukturierung des Forschungsstandes.

So ernüchternd das Bild ist, das Markus Weißkopf von der Ausbildungssituation für die Wissenschaftskommunikation in Deutschland zeichnete, so gibt es doch Perspektiven. Die Frage bleibt, diese Aussichten in Realität umzusetzen. Da ist bisher in Deutschland ebenfalls wenig Engagement zu spüren. Wer übrigens die Studien, die Markus Weißkopf zitierte, im Detail kennenlernen möchte: Am Ende dieses Berichts finden Sie die Links zu seinen Quellen.

Der Vortrag von Markus Weißkopf im Ausschnitt (16 Minuten) als Video.

Das Studium „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ in Karlsruhe

Prof. Annette Leßmöllmann betreibt seit zwölf Jahren den Studiengang „Wissenschaft-Medien-Kommunikation in Karlsruhe. Ihre Absolventen haben Karriere gemacht.

Nach so viel schlechten Nachrichten wurde es Zeit, die Stimmung zu verbessern. Das schaffte Prof. Anette Leßmöllmann spielend mit ihrem Bericht über ihre Bachelor- und Masterstudiengänge „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“, einem grundständigen Studiengang, vor 12 Jahren gegründet, der bis zur Promotion führen kann. Aus ihrer Sicht wird es nicht bei den beiden Studiermöglichkeiten in Karlsruhe und Berlin bleiben: „Die Konkurrenz wird kommen“, berichtet sie, da sie von Vorbereitungen anderer Universitäten gehört hat.

Am KIT in Karlsruhe erhalten jedes Jahr 50 Studierende im Bachelor- und 35 im Master-Studiengang die Ausbildung für die Wissenschaftskommunikation, allerdings im breitesten Sinne, vom Wissenschaftsjournalismus bis zum Fundraising oder Museumskurator. Die beruflichen Möglichkeiten sind breit gefächert. Die Zahl der Bewerbungen übersteigt die verfügbaren Plätze um etwa das vier- bis sechsfache.

Die Inhalte sind im Bachelor-Studiengang, der drei Jahre dauert, stärker berufsbezogen, im Master (2 Jahre) eher wissenschaftsbezogen. Dabei gilt für beide Phasen inhaltlich das Drei-Säulen-Modell: Wissenschaft verstehen (also die wissenschaftlichen Inhalte), Wissenschaft betreiben (also selbst kommunikationswissenschaftlich arbeiten) und Wissenschaft kommunizieren (das Handwerkszeug für Wissenschaftskommunikation lernen).

Drei Säulen (hier das Modell KIT) scheinen der Standard für ein grundständiges Studium der Wissenschaftskommunikation: Wissenschaft verstehen, betreiben und kommunizieren.

Sie stellte einige Absolventen des Stufdiengangs vor: Von der Wissenschaftsredakteurin bei einer Tageszeitung oder der Pressesprecherin an einem Fraunhofer-Institut bis hin zur Kommunikationsberaterin oder dem Professor an der Internationalen Hochschule IUBH. Das Berufsfeld ist breit.

Frau Leßmöllmann war im Vorfeld gebeten worden, die Unterschiede eines Studiums der Wissenschaftskommunikation gegenüber dem Weg als Volontär durch die Praxis zu schildern. Ihr Hauptargument: Das Studium an der Hochschule bietet Reflexionswissen (das besonders wichtig ist, um Probleme zu bewältigen, die neu auftauchen), Innovation, Praxisbezogenheit durch Lehrbeauftragte aus der Praxis und die Nähe zur Forschung. Für besonders wichtig hält sie, das Nachdenken über das eigene Tun zu erlernen, viel wichtiger als in einem Kurs perfekte Photoshop-Kenntnisse zu entwickeln. Und für sie stelle sich die Frage, wieviel Reflexionswissen man in einem Volotariat mitbekomme.

Der Vortrag von Prof. Leßmöllmann im Ausschnitt (8 Minuten) als Video.

Wissenschaftskommunikation studieren neben dem Beruf in München

Prof. Anke van Kempen hat an der Hochschule mit einem berufsbegleitenden Master-Studiengang zur Wissenschaftskommunikation begonnen. Ein zusätzlicher Weg für eine fundierte Ausbildung.

Frau Prof. Anke van Kempen stellte ihren 5-semestrigen Master-Studiengang „Forschungs-, Innovations- und Technologiekommunikation“ an der Hochschule München vor. Das Besondere dieses Studiengangs: Er ist berufsbegleitend. Das bedeutet: Jeder der Bewerber muss ein abgeschlossenes Studium vorweisen und mindestens seit einem halben Jahr im Berufsleben stehen. Die Bewerber, so schildert es Prof. van Kempen vom ersten Semester, kommen aus den unterschiedlichsten Fächern, vom Techniker bis zum Betriebswirt. Und sie haben die unterschiedlichsten Arbeitgeber, von einer staatlichen Behörde bis zur Kommunikationsagentur. Einen Pferdefuß hat dieses Studium allerdings: Es ist nicht kostenlos, sondern kostet 2000 Euro pro Semester (und ist damit noch steuerlich abzugsfähig, worauf bei der Entwicklung dieses Studiengangs geachtet wurde).

Erfolgsgeschichten ihrer Absolventen konnte Frau van Kempen natürlich noch nicht vorweisen: der Studiengang hat im Oktober erstmals mit 15 Studenten begonnen, befindet sich also mitten im ersten Semester. Die Inhalte sind ähnlich gegliedert wie in Karlsruhe, allerdings stärker technisch ausgerichtet – der Abschluss ist immerhin ein Master of Engineering. Es geht in der ersten Säule um wissenschaftliche und technische Inhalte, in der zweiten Säule um den „betrieblichen und gesellschaftlichen Kontext“, also um die Bedeutung von Kommunikation bis hin zu Medienrecht und Kommunikationsforschung, und in der dritten Säule schließlich um die konkrete Medienproduktion. Das fünfte Semester ist dann für die Masterarbeit reserviert.

Ihre ersten Erfahrungen? Die Studierenden seien sehr motiviert. Die parallele tägliche Erfahrung zeige ihnen offensichtlich, wie notwendig es ist ausreichend Theorie und Reflexion zu haben, wenn man etwas wirklich gut machen will. „Das ist ein unglaublicher Motor.“ Und vor allem habe sie überrascht „das unglaubliche Tempo“, mit dem die Studierenden bei ihr arbeiten: „Ich habe noch nie Studierende gehabt, die sich so schnell in neue Themen eingearbeitet, so schnell die anstehenden Arbeiten erledigt haben.“

Der Vortrag von Prof. van Kempen im Ausschnitt (7 Minuten) im Video.

Ein düsteres Bild zur Fortbildung für Wissenschaftskommunikation

Soweit die Statements der drei Referierenden. In der Diskussion stand – neben Detailfragen zu den Studiengängen – vor allem ein Thema im Mittelpunkt: Fortbildungsangebote für die Wissenschaftskommunikation, insbesondere durch die Hochschulen. Und da sieht es noch viel düsterer aus als mit der Ausbildung. Das große Hindernis, aus Sicht der Professorinnen: Vor allem die Bürokratie in der Verwaltung: „Man sieht sich mit einer Verwaltung an den Hochschulen konfrontiert, die regelmäßig eine Gesichtslähmung bekommt, wenn man mit ganz normalen Sachen kommt“, lässt Prof. Leßmöllmann einmal Dampf ab. Alle Vorgänge seien zu sehr verrechtlicht. Die strenge Umsetzung von Datenschutzvorgaben und vieles mehr richte für komplexere Vorhaben hohe Hürden auf.

Frau van Kempen sieht in den Kosten für Fort- und Weiterbildungsangebote ein großes Hindernis: Es sei geübte Praxis, dass ein Studium nichts kostet. Für berufsbegleitende Angebote gelte als Kostenschwelle, was steuerlich noch absetzbar ist. Markus Weißkopf wiederum ist sich sicher, dass Fortbildungsangebote von privaten Anbieter sich durchaus rechnen würde. Er wundere sich, dass bisher so wenig von privaten Institutionen angeboten werde. Beim „Forum Wissenschaftskommunikation“ sind regelmäßig die gezielten Fortbildungsangebote „innerhalb von Sekunden“ ausgebucht. Und Frau Leßmöllmann sieht für eine zentrale Institution zur Wissenschaftskommunikation das Modell des Nawik in Karlsruhe als Vorbild: teils stiftungsfinanziert, agil, flexibel und aktiv. So ein Institut könne Qualitätsstandards entwickeln, ermitteln, was an Fortbildung gebraucht werde und dadurch den Druck erhöhen, dass entsprechende Angebote geschaffen werden.

Mein Fazit: Dieses Mal ziemlich grundsätzlich, weil ich seit Jahren die Ausbildungssituation als ein Schlüsselproblem der Wissenschaftskommunikation erachte (siehe dazu „Das Nawik ist eröffnet“ in diesem Blog):

Wissenschaft ist kein Selbstzweck, erst recht kein Gottesgeschenk. Wissenschaft ist vielmehr eine gesellschaftliche Veranstaltung. Jede Gesellschaft hält sich die Wissenschaft, die sie sich wünscht, indem sie die Voraussetzungen dafür schafft, für die Finanzierung sorgt, den Nachwuchs geeignet ausbildet, die Rahmenbedingungen und Privilegien setzt, in Glaubwürdigkeit und Vertrauen investiert, ja bis hin, dass sie für die Freiheit der Forschung sorgt, die bei uns (nicht bei allen!) in der Verfassung festgelegt ist, einem gesellschaftlichen Dokument. Das bedeutet andererseits für die Wissenschaft, die Gesellschaft von ihrem Wert für die Gesellschaft beständig zu überzeugen, für Wirtschaft, Politik, Kultur und viele andere Bereiche. Nur wenn das gelingt, wird es möglich sein, in diesem Land weiterhin Forschung auf höchstem Niveau zu betreiben. Das ist die wichtige Rolle der Wissenschaftskommunikation, denn Kommunikation ja ist die Währung für den gesellschaftlichen Austausch.

Wer es aber versäumt, Wissenschaft in die Lage zu versetzen, so zu kommunizieren, dass sie mit den vielen anderen Bereichen der Gesellschaft und deren Interessen mithalten kann, der gefährdet auf lange Sicht die Möglichkeit der Wissenschaft, auf hohem Niveau zu forschen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Wissenschaft professionell kommuniziert, dass professionelle Kommunikatoren die Wissenschaftler beraten und unterstützen, den Wert von Forschung der Gesellschaft darzustellen. Es herrscht in dieser Gesellschaft ein Wettbewerb um Wahrnehmung, der immer heftiger wird. Professionelle Wissenschaftsommunikation ist dafür die Voraussetzung, darin zu bestehen. Und Voraussetzung für eine professionelle Wissenschaftskommunikation ist eine Ausbildung von hoher Qualität. Die aber ist – das zeigte dieser „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“ – in Deutschland Mangelware. Es gibt viel zu tun! – Wer beginnt?

Die Links zu den Quellen von Markus Weißkopf:


Der „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“:
Austausch, Networking, Community

Der „Treffpunkt Wissenschaftskommunikation“ #WisskomMUC ist eine Initiative dieses Blogs „Wissenschaft kommuniziert. Blog und „Treffpunkt“ bringen Forschungssprecher, Pressesprecher, Öffentlichkeitsarbeiter, Onliner und Wissenschaftler zusammen, die sich für Wissenschaftskommunikation interessieren.

Ziel ist es: After work, Neues erfahren, Fortbildung, Austausch, Kennenlernen, Dabeisein, Networking – miteinander/voneinander profitieren.

Näheres zu den bisherigen 17 Abenden des „Treffpunkts“ #WisskomMUC finden Sie in diesen Beiträgen des Blogs „Wissenschaft kommuniziert“: