Prosit 2018 – Die „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2017“ sind gewählt – Die Schweiz vorn!

Posted on 9. Januar 2018

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Blogautor Wissenschaft kommuniziertDa sind sie: Die „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2017“. 2947 Stimmen gaben des Ausschlag. Und die Überraschung: Es gewann mit deutlichem Vorsprung ein Blog aus der Schweiz. Bei der Wahl der „Blog-Teufelchen“ hat in diesem Jahr ein wahres „Teufelchen“ gewonnen, ein Blog der sich selbst „Hexe“ nennt. Und natürlich hat die Redaktion gewählt – Blogs, die vielleicht nicht die populärsten, aber dennoch in ihrer Machart, wie sie Wissenschaft in die Gesellschaft transportieren, besonders wertvoll sind – ein Tipp zum unbedingt Kennenlernen. Doch jetzt erst einmal im Einzelnen:

Hier die Gewinner und Erwählten:

Der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“ geht

in Gold an: den „Zukunftsblog“ der ETH Zürich, der – fundiert und mit vielen Informationen zeigt, wie moderne Wissenschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung unseres Planeten beitragen kann.

 

 

In Silber an: die „Jülichblogs“ – die Blog-Plattform des Forschungszentrums Jülich, die zeigt, wie gut sich Blogs eignen um das Forschungsspektrum, aber auch das Forscherleben in einer großen wissenschaftlichen Institution lebendig darzustellen.

 

 

In Bronze an: „adhibeo“, der Blog der Hochschule Fresenius, der über alles berichtet, was sich an der – auf zehn Standorte verteilten – Hochschule tut: Forschung, Studium, Angewandte Wissenschaft.

 

 

Der Sonderpreis der Redaktion geht an den Blog „Denkmale“ der Kunsthistorikerin Eva Bambach. Die freiberufliche Redakteurin ist in der Kunstgeschichte weniger von den Meisterwerken fasziniert, sondern von den sichtbaren Zeichen menschlicher Geschichten, abseits von Schlachtfeldern und Kabinettstischen.

 

Das „Blog-Teufelchen der Wissenschaftskritik“ geht an:

Die „Hausmittel-Hexe“, ein Blog, bei dem jedem echten Mediziner die Haare zu Berg stehen werden, etwa wenn er so tut, als ob Hausmittelchen gegen Alzheimer helfen könnten.

 

 

Auch beim „Blogteufelchen“ vergibt die Redaktion einen Sonderpreis für einen besonders wertvollen Blog in dieser Rubrik, die sich mit Wissenschafts-Skepsis befasst. In diesem Jahr geht der Sonderpreis der Redaktion an den Sieger der beiden Vorjahre: gwup|die skeptiker, der versucht, mit wissenschaftlichen Fakten die Wissenschaftsskeptiker zu überzeugen.

 

Die Blogs im Einzelnen:

Der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“:

Der „Zukunftsblog“ der ETH Zürich:

Diese Auszeichnung geht an eine der renommiertesten Universitäten Europas. Sie will mit dem „Zukunftsblog“ ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft unterstreichen. Im „Zukunftsblog“, der im letzten Jahr bereits den „Wissenschafts-Blog“ in Silber erhielt, stehen Nachrichten im Mittelpunkt, naturgemäß aber aus einem kleineren Umfeld, nämlich aus der ETH-Forschung zu Themen wie Klimawandel, Umwelt, Energie, Welternährung oder Zukunftsstädte. Hier berichten die Beteiligten selbst – vom Doktoranden bis zum Professor, auch anderer Hochschulen – umso höher ist das Niveau der Darstellung einzuschätzen: spannend, verständlich, inhaltsreich und direkt aus dem Forscherleben gegriffen. Mit diesem Blog haben die Teilnehmer eine sehr gute Wahl getroffen. Er ist ein Musterbeispiel, wie eine Hochschule, ein Forschungsschwerpunkt oder ein Institut mit etwas Engagement der Beteiligten Blogs für die Kommunikation nutzen kann. Voraussetzung dafür ist sicherlich ein Redaktionsteam, das sich um Themen, um Beiträge und um die attraktive Aufarbeitung der Posts kümmert. Hier wird die Arbeit einer Universität unter ein gemeinsames Thema gestellt: Nachhaltige Zukunftsentwicklung.

Der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“ in Silber:

Die „Jülichblogs“ des Forschungszentrums Jülich:

Die „Jülichblogs“ sind, wie der Name bereits suggeriert, kein Blog, sondern ein Blog-Portal. Das Forschungszentrum Jülich in der Helmhotz-Gemeinschaft hat hier seine Blogs – derzeit acht – unter einem gemeinsamen Dach, mit markantem Corporate Design zusammengefasst. So bieten die Beiträge inhaltlich ein buntes Bild, vom Supercomputer über das Nachrichtenportal des Forschungszentrums bis zur Interessenvertretung der Doktoranden. Auch hier steckt eine starke Redaktionsmannschaft dahinter, hier aber nicht zentral, sondern aufgeteilt auf die Blogs mit effizienter Koordination, die dafür sorgt, dass alles wie aus einem Guss wirkt. Ein Beispiel dafür, wie man ein breites Themenspektrum mit einer Linie publizieren kann, wobei die gelungene Optik eine große Rolle spielt.

Der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“ in Bronze:

Der Blog „adhibeo“ der Hochschule Fresenius:

Der Blog „adhibeo“ spielt für die Hochschule Fresenius eine ganz besondere Rolle. Denn die Hochschule ist auf insgesamt zehn Standorte verteilt, vom Hauptsitz Köln bis nach New York. So wird der Blog zum Bindeglied, wo über aktuelle Forschungsergebnisse ebenso berichtet wird (etwa: Wie sieht eine Sportwissenschaftlerin den aktuellen Boom des „Kneipenvergnügens“ Darts?), wie über studentische Abeiten (Welchen Nutzen haben Mitarbeiter-Apps?) bis zum Programm von Veranstaltungen reicht. Also sowohl Außendarstellung als auch interne Kommunikation. Auch hier spielt die einheitliche, wenn auch konventionelle grafische Gestaltung eine wichtige Rolle für den Zusammenhalt.

Sonderpreis der Redaktion zum „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“:

Zugegeben, manche Blogs üben einen besonderen Reiz aus, weil sie die Dinge etwas anders sehen als man auf den ersten Blick meinen würde. So geht das der Kunsthistorikerin Eva Bambach mit ihrem Blog „Denkmale – Es gibt was zu sehen“ auf der Blogplattform Scilogs. Und genau deswegen erhält sie in diesemn Jahr den „Sonderpreis der Redaktion“ zum „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“. Das Anderssehen beginnt beim Namen des Blogs, denn sie versteht unter Denkmalen eben nicht große Monumente, die an große historische Ereignisse erinnern. Für sie sind die kleinen sichtbaren Dinge des Alltags ein Aufruf, mal nachzudenken: „Denk mal!“ Um den Reiz dieser Perspektive zu verstehen, reicht allein die Lektüre ihres Weihnachtsgrußes: Vom üblichen Blick auf Kerzen schwenkt sie auf ein Bild aus dem 17. Jahrhundert einer Kerzenschere in Aktion und schildert die Symbolik, die der niederländische Dichter Jakob Cats dieser Tätigkeit beimisst: von der Kerzenpflege über Bankgeschäfte bis hin zur Regierungsführung oder auch zum Liebeswerben. Für jeden, der das liest, gewinnt damit das Kerzenputzen eine neue Bedeutung. Nicht nur dieser Post, sondern der ganze Blog, voll mit ähnlichen Beispielen, sind ein guter Grund, Eva Bambach den Sonderpreis der Redaktion zu überreichen.

Die Kandidaten – Gute Beispiele für Wissenschaftsblogs

Die Wahl zum „Wissenschafts-Blog des Jahres“ hat noch ein zweites Ziel – neben der Auszeichnung von guten Beispielen: Aufmerksam machen auf Beispiele von ernsthaften Blogs zur Wissenschaft, die es sich anzuschauen lohnt oder mit denen man sich auseinandersetzen sollte. Daher die Liste von rund 25 Kandidaten. Bei der Wahl schafften es nur drei Blogs, einen zweistelligen Anteil der Stimmen zu erzielen – davon erhielt der Sieger allein 27 Prozent.

Gute Beispiele, da sollen die nächstplatzierten nicht unter den Tisch fallen, schon allein weil es sich lohnt, sie anzuschauen. Hier die Liste der weiteren sieben Blogs auf den Plätzen drei bis zehn (in alphabetische Reihenfolge, ohne Wertung):

  • Archaeologik (Sieger 2015) – „Wissenschaftlich orientiertes Blog zu kritischer Archäologie und Denkmalschutz“
  • Astrodicticum Simplex (Sieger 2011, 2013) – „Das Universum ist cool”
  • Bioinfowelten – „…von Mäusen, Bäumen, Viren und Co.“
  • Mittelalter – „Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte“
  • Pfahlbauten-Blog (Bronze 2016) – Der Blog des Kuratoriums Pfahlbauten
  • Quark und so (Sonderpreis 2015) – „Was die Medien anrichten“
  • Wissenschaftskommunikation.de (Sonderpreis 2016) – „Ein Portal für alle, die Wissenschaft kommunizieren“

Die zweite Wahl – keine Zweite Wahl

Doch nun zur zweiten Wahl, die parallel zur Wahl der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“ stattfand: Das „Blogteufelchen der Wissenschaftskritik“. In diesem Jahr (588 abgegebene Stimmen) gab es kaum mehr Diskussionen um die Aufteilung. Spätestens mit dem „March for Science“ in 22 deutschen Städten im Frühjar letzten Jahres ist angekommen, was mit dieser zweiten Wahl von Anfang an bezweckt war: Da es in der Wissenschaftskommunikation um das Spannungsverhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft geht, ist für diese Kommunikation nicht nur das wichtig, was die Wissenschaft als Wissenschaft ansieht, sondern ebenso auch das, was in der Gesellschaft so alles unter der Flagge „Wissenschaft“ läuft. Immerhin hat jetzt diese Erkenntnis offensichtlich auch die Wissenschaft erreicht. Jedenfalls waren „Alternative Fakten“ und „Echokammern“ in diesem Blog 2017 das beherrschende Thema, nicht nur mit dem „March for Science“, sondern auch in Interviews mit führenden Wissenschaftsmanagern und in Berichten aus Konferenzen.

Zur Beobachtung dieser alternativen Welt der „Wissenschaft“ sind Blogs hervorragend geeignet. Denn es gibt unzählige Blogs aus dieser Geistessphäre im Internet – von der ideologisch besetzten Wissenschaftskritik bis hin zu  „Grenzwissenschaften“ oder den Wundermittel-Gläubigen, die sich direkt an die Hoffnungen der Kranken wenden. Und es gibt – ziemlich einsam bisher – die Wissenschafts-Anhänger, die sich mit diesen „Wissenschaftsskeptikern“, wie ich sie hier nenne, auseinandersetzen. Kurzum, es geht mit dieser Wahl des „Blogteufelchens“, die wir bereits im vierten Jahr veranstalten, vor allem darum, beide Seiten aus ihren „Echokammern“ herauszuholen.

Das „Blogteufelchen der Wissenschaftskritik“

Doch nun zur Wahl: Hier war die Entscheidung sehr viel weniger eindeutig als beim „Wissenschafts-Blog des Jahres“. Immerhin sechs der sieben vorgeschlagenen Kandidaten konnten zweistellige Prozentzahlen der Stimmen auf sich vereinen. Es gewann: Ein echtes Blog-Teufelchen:

Die „Hausmittel Hexe“. Es ist schon etwas Besonderes, wenn eine Hexe ein „Teufelchen“ verliehen bekommt. In diesem Blog geht es um Gesundheit um jeden Preis, da werden – wohlgeordnet im Aufbau, aber in der Wirksamkeit wild durcheinander – Kräuter, Lebensweisen und Tinkturen gegen weit über 100 verschiedene Krankheiten empfohlen – vom Hautjucken über Haarausfall bis zu Alzheimer. Immerhin sind die schlimmsten Ausrutscher („Himbeeren gegen Krebs“) offensichtlich bei einem Relaunch beseitigt worden, nicht mehr ganz so aufdringlich ist die Werbung für einschlägige Bücher oder Potenzmittel. Durchgehend aber ist die Überzeugung geblieben, dass es gegen praktisch alle Wehwehchen, und seien sie von Hund und Katze, ein Hausmittelchen gibt – bloß nicht der Schulmedizin oder einem Arzt vertrauen. Adresse und Sitz des Blogs schließlich ist in Singapur – so vermeidet man jede Diskussion.

Sonderpreis der Redaktion zum „Blogteufelchen der Wissenschaftskritik““:

gwup|die skeptiker. In diesem Blog der GWUP geht es um alles, was für nicht-wissenschaftliches Denken steht: um Homöopathie, Wundermittel, Verschwörungstheorien oder um Irrsinn, wie den angeblichen Fund von Handys mit Keilschrift-Tastatur. Tatsächlich setzt sich die GWUP, die „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“, bereits seit 1987 mit wissenschaftsfernen Themen auseinander, die für sich Wissenschaftlichkeit beanspruchen – also noch vor der Erfindung von Blogs und sogar des World Wide Webs. Legendär sind die Ferndiskussionen, die sich die Gesellschaft in den achtziger Jahren mit dem Freiburger Parapsychologen Hans Bender oder dem Schriftsteller Erich von Däniken geliefert hat. Man kann sicher darüber diskutieren, ob der GWUP-Blog bei dieser Auseinandersetzung immer auf dem richtigen Weg ist, Beachtung und Beifall verdient sein Bemühen auf jeden Fall: Ein Gegengewicht im bis heute von der Wissenschaftskommunikation vernachlässigten Feld der Wissenschaftskritik.

Schlagen Sie Ihre Blog-Favoriten für die nächste Wahl vor

Alle drei Gewinner der Wahl zum „Wissenschafts-Blog des Jahres 2017“ waren einmal Newcomer, vorgeschlagen von Lesern dieses Blogs. Deshalb mein Aufruf: Wenn Sie in der Kandidatenliste  einen Blog vermissen, der Ihnen besonders am Herzen liegt, dann schlagen sie ihn vor, und zwar als Kommentar – hier zu diesem Artikel oder zum Wahlaufruf. Aus Gründen der Transparenz werden – außer den Vorschlägen der Redaktion – nur Blogs bei der nächsten Wahl berücksichtigt, die als öffentliche Kommentare an diesen beiden Stellen vorgeschlagen werden – aber sie werden berücksichtigt! Die Wahlzettel stehen übrigens noch offen, damit Sie die aktiven Links zum Ansehen der Kandidaten nutzen können, aber sie werden natürlich nicht mehr ausgewertet.