Jetzt feiern sie in Berlin. Und mit gutem Grund: Der Online-„Informationsdienst Wissenschaft“ – längst nur noch als „IDW“ bekannt – wird 20 Jahre alt. Ein äußerst frühes und seltenes Jubiläum im Internet. Da gibt es jedes Recht für die (teils immer noch aktiven) Gründerväter, stolz zu sein. Früher als die meisten anderen haben die drei Universitäts-Pressesprecher Jürgen Abel (Bayreuth), Dr. Josef König (Bochum) und Jochen Brinkmann (Clausthal) mit dem Leiter des Clausthaler Rechenzentrums (Dr. Gerald Lange) die Chancen des Internets erkannt, zugleich aber auch gesehen, dass nicht etwa Einzeldienste der Institutionen, sondern nur einer gemeinsamen Plattform für Wissenschaftsnachrichten die Zukunft gehören kann. Das war 1994, nur zwei Jahre nachdem die ersten WWW-Server öffentlich gingen (das CERN, wo das World Wide Web von Tim Berners-Lee entwickelt wurde, rechnet 1989 als Startdatum, das war aber der Beginn der Entwicklung – öffentlich wurde das WWW erst 1992). Selbst die unschlagbare AAAS in den USA eröffnete ihr Portal für Wissenschaftsnachrichten „EurekAlert“ erst zwei Jahre später. Glückwunsch und volle Anerkennung für die Weitsicht daher von hier an die Gründungsväter.
Und dennoch löckt meine journalistische Ader bei einem solchen Jubiläum: Nach zwanzig Jahren haben einstige Pioniere oft die Neigung, nicht mehr ganz zeitgemäß zu sein: Gesettlet ob ihres Erfolgs und der Anerkennung verschlafen einige die Entwicklung der zwei Jahrzehnte.
Ist der IDW noch zeitgemäß? Haben ihn andere Wissenschafts-Nachrichtenportale längst überholt? Erfüllt er seine Funktion? Oder hat er gar die verkehrte Perspektive? Was könnte der IDW sein, und was ist er heute tatsächlich? Das sind die Fragen, die ich an eine Bilanz stelle. Die besten Antworten gibt wohl ein Vergleich mit dem, was ähnliche Portale anderswo leisten – und da vor allem „EurekAlert“, das Nachrichtenportal der AAAS in den USA.
Der erste wichtige Unterschied ist die gesellschaftsrechtliche Konstruktion. In den USA hat die anerkannte und entsprechend mächtige AAAS 1996 beschlossen, ein unabhängiges Nachrichtenportal zu eröffnen – unabhängig, das heißt mit einer Redaktion, die nicht von Weisungen der AAAS, und schon gar nicht von Weisungen ihrer Mitglieder und Sponsoren abhängig ist. Da dieses Portal gelesen und von Journalisten genutzt werden will, greift die Redaktion entscheidend in Auswahl, Darstellung und
Gestaltung der Website ein. Die Nachrichtenseiten von „EurekAlert“ lesen sich wie die aktuelle Wissenschaftswebsite eines Blogs, eines Magazins oder einer Institution, gestaltet und attraktiv aufgemacht mit Bildern, glaubwürdig, sachlich und mit Links zu Zusatzinformationen. Die Infos lassen sich selektieren mit einem breiten Spektrum der Auswahlmöglichkeiten, sei es nach Mediengattung, nach Fachgebiet oder regional, und dennoch stammen die Informationen von den Pressestellen der beteiligten Wissenschafts-Institutionen.
Im IDW-Team dagegen nennt sich niemand Redakteur, die meisten Mitarbeiter sind Content-Manager. Der IDW ist nicht mächtig, sondern ein Zweckverein von über 900 Mitgliedern – meist Wissenschaftsinstitute, -organisationen oder Hochschulen, das Nachrichtenportal finanziert sich – neben einigen Sponsoren – durch die Beiträge seiner Mitglieder. Und die Mannschaft versteht IDW auch nicht als redaktionelles Angebot, sondern als Verteilstelle – weniger als Dienstleistung für die Journalisten und andere Interessierte, sondern als Service für die IDW-Mitglieder. Entsprechend begegnen die Nachrichten dem Besucher auch nicht als interessant aufbereitetes Informationsportal, sondern als Listen von Überschriften – plus, falls gewünscht, erste 150 Buchstaben – , die direkt von den Pressestellen der über 900 Mitglieder des IDW eingestellt werden. Bei der großen Zahl von unbearbeiteten Quellen (ganz abgesehen von dem deutlich schlechteren Professionalitätsniveau der Wissenschaftskommunikation in Deutschland) muss es zwangsläufig zu Defiziten kommen. Ein journalistischer Impetus fehlt, keine eigene Formulierung, keine Selektion, keine Hervorhebung, kein anregendes Bild – nichts, was es ermöglicht, Wichtiges von Unwichtigem, Interessantes von weniger Interessantem zu unterscheiden. Das hat sich auch durch den grafischen Relaunch im letzten Jahr nicht geändert. Da steht die belanglose Pressemitteilung zum Habilitationsstipendium einer Wissenschaftlerin unterschiedslos neben einem heißen journalistischen Thema, etwa einer neu entwickelten Software für Fußballtrainer, die mit Big Data-Ansätzen Stärken und Schwachstellen der eigenen Mannschaft und des Gegners analysieren hilft. Natürlich kann man die Meldungen auch nach Fachgebiet und anderen Kriterien vorsortieren lassen, aber bei über 50 Pressemitteilungen, oft genug auch noch schlecht formuliert, die allein an einem Vormittag am Leser vorüberrauschen, ist schon die Selektion ein viel zu zeitraubendes Programm, zumal man dafür oft genug in die ganze Pressemeldung einsteigen müsste. In der Branche nennen dies manche den „IDW-Sumpf“.
Da ich einige Jahre auch als Informationsanbieter den IDW genutzt habe, konnte ich die Auswirkungen direkt erlebt: Selbst wichtige und journalistisch interessante Meldungen bringen über den IDW kaum eine Reaktion. Eine ganze Zahl von Webseiten mit Wissenschaftsnachrichten bedienen sich der IDW-Pressemeldung – zum Teil automatisiert. Das ist wichtig genug, denn das Echo im Internet ist vor allem für jüngere Zielgruppen bedeutsam und wird immer wichtiger, aber Rückfragen von Journalisten, Interviewanfragen oder andere Reaktionen der klassischen Medien oder freien Journalisten auf Meldungen im IDW: Fehlanzeige. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass sich in den zwanzig Jahren ja die gesamten Informations- und Recherchegewohnheiten von Journalisten verändert haben, dass angesichts der Informationsfülle Aufmerksamkeit, der erste Eindruck und interessante Darstellung entscheidende Bedeutung erlangt haben, dass heute jeder mit vertretbarem Aufwand seine eigenen Verteiler per Mail bedienen kann und so Beziehungsgeflechte eine ganz neue Bedeutung gewonnen haben. Wer sich da als Forschungssprecher allein auf den IDW verlässt, bleibt ziemlich einsam. Verteilen von Informationen allein genügt nicht mehr, um als zentrales Nachrichtenportal der Wissenschaft wahrgenommen und genutzt zu werden.
Was dem IDW fehlt, ist das Journalistische. Ursprünglich wurde er einmal als E-Mail-Service für Journalisten gegründet. Bei wenigen Meldungen und einer überschaubaren Zahl von Adressaten wie Absendern, war das auch in Ordnung, dass er sich vor allem als Verteildienst verstand. Heute hat der IDW in seinen Verteilern über 33.000 Abonnenten und nur eine Minderheit (7.300) sind Journalisten, Tage mit weit über 100 Meldungen sind keine Seltenheit.
Da reicht es nicht mehr, mechanisch zu verteilen, was reinkommt. Die Leser sind Puklikum, Journalisten sind heute stärker von Informationen überschwemmt denn je, haben aber weniger Zeit für Auswahl und Recherche als früher (Personalmangel). Und auch die Nicht-Journalisten sind mit dieser Fülle überfordert, wenn sie ihre Filter nicht eng auf ein einzelnes Spezialgebiet eingestellt haben. Selektion und Gewichtung, ja besonders eine attraktive Aufbereitung, sind für die Wahrnehmung des Nachrichtenangebots entscheidende Grundlagen. Das ist natürlich schwierig, wenn sich über 900 beitragszahlende Mitglieder beschweren können, falls ihre Meldung nicht gleichgewichtig behandelt wurde. Das ist eine Frage der Satzung, der Strukturen und der starken Persönlichkeiten, die das Dilemma erkennen und Wege finden, dennoch den IDW erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Nur der Vollständigkeit halber: Natürlich bietet der IDW auch einen Online-Veranstaltungskalender, ein Archiv der Pressemitteilungen, einen Expertenservice (der erstaunlicherweise erst nach eigenen Recherchen der Journalisten tätig werden will – für mich galt bisher das Gespräch mit Experten immer als sinnvoller Bestandteil einer guten Recherche, manchmal am Anfang, meist aber mittendrin) und ein Bildarchiv. Das Bildarchiv könnte besonders wertvoll sein, allerdings ist auch hier der Zugang nicht einfach und die Verwendung der Bilder mit verwirrenden Hürden belegt (gesonderte Registrierung, Verwendung nach Rücksprache mit den einzelnen Pressestellen, unterschiedliche Regelungen für die Bezahlung der Bilder – ich habe da nicht mehr durchgeblickt).
Um es kurz zu machen: Der IDW ist eine wertvolle Einrichtung, so wertvoll für die Wissenschaftskommunikation in Deutschland, das man ihn erfinden müsste, wenn es ihn nicht schon seit 20 Jahren gäbe. Noch einmal Gratulation an diejenigen, die so früh auf die Idee gekommen sind. Doch so, wie er sich heute darstellt, droht die Zeit und die Entwicklung des Webs über ihn hinweg zu rollen. Die Social Media hat er kaum für sich entdeckt, der Twitter-Auftritt ist eine Überschriften-Wüste, Blogger, Facebook, Youtube und andere Web 2.0-Medien sind im IDW-Spektrum unbekannt. Reizvoll sind beispielsweise bei „Eurekalert“ die Video- und Audioangebote.
Ein Weg in die Zukunft? Durchaus! Aber eine Voraussetzung dafür ist der Abschied vom mechanischen Verteilen. Transport allein genügt heute nicht mehr. Journalismus sollte das Leitmotiv für die Zukunft sein. Dabei meine ich nicht Unabhängigkeit, Kritikfähigkeit oder gar Investigatives. Das journalistische Handwerkszeug, allen voran redaktionelle Selektion, Hervorhebung, Bearbeitung und in Zusammenhang stellen, sind Voraussetzungen dafür, Informationen über Wissenschaft heute, in einer Zeit des Informations-Überflusses, in einem Nachrichtenportal wie IDW attraktiv anbieten zu können. „EurekAlert“, bietet ein positives Beispiel, es versteht sich nicht als Verteildienst, sondern als Nachrichtenagentur der Wissenschaft. 20 Jahre? Eigentlich fängt die Arbeit für den IDW jetzt erst richtig an.
Josef König
17. März 2015
Lieber Herr Korbmann,
„Jetzt feiern sie in Berlin. Und mit gutem Grund: Der Online-„Informationsdienst Wissenschaft“ – längst nur noch als „IDW“ bekannt – wird 20 Jahre alt.“ Danke, dass Sie das Thema aufgegriffen haben und mit einer langen kritischen Würdigung auf den idw aufmerksam machen.
Jede Antwort auf Ihre lange Würdigung ist natürlich als pro domo aufzufassen – das ist nun mal so, aber da nun die erfolgreiche Feier vorbei ist und ich das Wochenende Zeit hatte, Luft zu holen, will ich wenigsten einige Zeilen der Antwort schreiben.
Antwortet man einem Kritiker, so kann man dabei selbst umkommen. So ist es manchem Schriftsteller ergangen, der auf Kritik von Marcel Reich-Ranicki reagiert hat. Aber so unfair es wäre, Sie mit ihm zu vergleichen, so wenig sollte man den idw mit Eurekalert vergleichen. Das wäre so, als ob ich Harvard mit einer großen deutschen Exzellenz-Universität vergleichen wollte – egal welcher. Harvards Jahresetat ist allein größer als der Jahresetat aller bayrischen Universitäten zusammen! Und Sie sprechen zurecht von der „mächtigen AAAS“, die hinter Eurekalert steht, wobei übrigens der Beitrag zu Eurekalert mehr als das Dreifache des Jahresbeitrags eines Mitglieds zum idw beträgt. Wollte also der idw diesem Dienst auch nur annähernd nacheifern, müssten wir unser Team um mindestens das Drei- bis Vierfache vergrößern und um diese Dimensionen die Jahresbeiträge erhöhen. Dabei zögern wir schon jetzt jede Beitragserhöhung hinaus und kalkulieren sehr eng, weil wir auch berücksichtigen müssen, dass Beitragserhöhungen über das notwendige Maß hinaus insbesondere viele kleine und finanziell schwache Mitglieder dazu verleiten könnten, dem idw den Rücken zu kehren und so mit der Beitragserhöhung genau das Gegenteil erreicht wäre.
Aber ich will mich nicht mit dem Etat und der Kapazität herausreden. Ich könnte natürlich aufführen, dass es sehr wohl über den HTML-Digest eine sehr gute Selektionsmöglichkeit gibt, die Ihnen nicht 100 Meldungen am Tag beschert (na ja, viele Journalisten haben einfach Angst etwas zu verpassen) und dass der Expertenmakler nicht erst nach eigener Recherche tätig wird (das ist eine Empfehlung, weil einfach viele Journalisten so undifferenziert fragen, so dass eine Vermittlung von Experten oft genau daran scheitert). Nein, auf alles das muss ich nicht eingehen. Auch nicht darauf, dass der idw „…weniger als Dienstleistung für die Journalisten und andere Interessierte, sondern als Service für die IDW-Mitglieder“ diene. Wir haben natürlich beide Seiten im Blick. Wir bieten dem Publikum die Infos und den Info-Anbietern das Publikum. Damit das so bleibt, müssen wir den idw den sich verändernden Bedürfnissen beider Gruppen immer wieder anpassen. Darum bemühen wir uns. Wir nutzen Messen, die idw-Mitgliederversammlung und jede andere Gelegenheit, um die Bedürfnisse der Pressestellen noch besser kennenzulernen. Die Journalisten haben wir erst kürzlich systematisch nach ihren Erfahrungen mit der idw-Expertenvermittlung befragt. Das ist sehr aufwändig, aber wir lernen viel daraus und ziehen die Konsequenzen.
Und wenn Sie schreiben: „Selbst wichtige und journalistisch interessante Meldungen bringen über den IDW kaum eine Reaktion.“ Sorry, aber das ist total abwegig. Die Erfahrung der Pressesprecher zeigt jeden Tag das Gegenteil davon!
Zentral ist aber wohl eher die Frage, ob der idw selbst redaktionell tätig werden sollte? Ist diese Aufgabe wirklich eine ureigene Aufgabe des idw? Es gibt Stimmen, die das von uns erwarten – auch Ihre gehört nun dazu. Aber ganz ehrlich: Soll der idw nun auch noch die Arbeit von Journalisten übernehmen? Sollen wir deren Arbeit machen, nur weil die Redaktionen ausgedünnt und Journalisten kaum noch Zeit zur Recherche haben?
Bislang waren wir der Auffassung, dass wir Journalisten den Zugang zu Themen und Experten so gut wie möglich erleichtern sollten, damit diese Ihre ureigene Aufgabe erfüllen können: Themen auswählen, zusätzliche Expertise recherchieren und kritisch das gesammelte Material bewerten, einordnen und ihre Beiträge selbst schreiben. Aber wenn die wirkliche oder herbeigeredete „Krise des Journalismus“ weiter anhält oder schlimmer wird, wird uns vielleicht eines Tages nichts anderes übrig bleiben. Aber das möchten wir doch so lange wie möglich hinauszögern.
Dennoch: Die Arbeitstagung in Berlin hat uns eine Fülle von Anregungen geliefert, die wir in nächster Zeit aufnehmen und umsetzen wollen. Manches wird schnell umzusetzen sein, manches wird seine „Programmierzeit“ erfordern. Berlin hat auch gezeigt: Der idw ist verbesserungsfähig – das nehmen wir auf und arbeiten daran. Und der idw ist ein fester Bestandteil der Wissenschaftskommunikation. Das gibt uns Zuversicht für die Zukunft des Dienstes. In diesem Sinne kann ich nur alle auffordern, uns dabei zu unterstützen bei der Weiterentwicklung des idw, damit wir Journalisten noch besser unterstützen können bei Ihrer Arbeit!
In diesem Sinne – ein herzlicher Gruß
Josef König
PS: idw bitte kleingeschrieben, da sonst das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) erneut auf die Idee kommen könnte, gegen uns vor Gericht aufzumarschieren – obwohl es vor einigen Jahren vor dem BGH letztlich gescheitert sind.
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Reiner Korbmann
18. März 2015
Lieber Herr Dr. König,
das Gefährliche an Jubilaren ist, dass sie immer wissen, warum etwas genau so ist und nicht anders. Ich denke, dass der IDW (sorry, nach den Regeln der deutschen Sprache werden Abkürzungen von Substantiven groß Geschrieben, da können mich die Wirtschaftsprüfer gern verklagen – alles andere ist Marketing) vor allem für seine Nutzer attraktiv sein muss und da gibt es eben die Konkurrenz – nicht nur von der AAAS. Was dazu notwendig ist, kann ich nur wiederholen: „Das ist eine Frage der Satzung, der Strukturen und der starken Persönlichkeiten, die das Dilemma erkennen und Wege finden, dennoch den IDW erfolgreich in die Zukunft zu führen.“
Ihr Reiner Korbmann
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Dr. Josef König
18. März 2015
Lieber Herr Korbmann,
danke für die Veröffentlichung meines Kommentars. Schade finde ich nur, dass Sie auf die Argumente nicht eingehen, die ich konzeptionell aufgeführt habe, und sich stattdessen nur selbst zitieren.
Wenn also das „Gefährliche an Jubilaren ist, dass sie immer wissen, warum etwas genau so ist und nicht anders“, ist das Missliche an Kritikern, dass sie sich einfach leider zu oft sehr in ihre eigenen Worte verlieben und die anderer nicht mehr wahrnehmen.
In diesem Sinne – ein herzlicher Gruß
Josef König
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Reiner Korbmann
18. März 2015
Lieber Herr Dr. König,
es ist schade, dass Sie so verstimmt reagieren. Tatsächlich bin ich Kritiker, nicht Berater. Es wäre vermessen, aus der Entfernung, ohne eingehendes Studium der Situation, Ihnen sagen zu wollen, wie Sie die von Ihnen angeführte Situation bewältigen können. Das können nur Berater, die sich eingehend damit beschäftigen.
Beste Grüße
Ihr Reiner Korbmann
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Josef König
18. März 2015
Aber nicht doch, lieber Herr Korbmann,
ich bin überhaupt nicht verstimmt, eher heiterer Stimmung ob der vielen positiven Rückmeldungen auf der Tagung und danach; da spielt so ein etwas vergifteter Glückwunsch nicht die große Rolle 😉
Ihre Kritik vermittelte mir eher den Eindruck, dass Sie Erwartungen an den idw aussprechen, die nicht unser Konzept sind, Behauptungen aufstellen, die nicht stimmen, und Vergleiche anstellen, die doch etwas hinken. Deshalb nur habe ich überhaupt Ihnen geantwortet. Und als Sie dann meinten, mir als „Jubilar“ mehr oder weniger durch die Blume Starrsinn unterstellten zu müssen, und zudem sich selbst zitierend wiederholten, kam mir aus Ihren Worten ganz natürlich die Frage in den Sinn: „Liest Herr Korbmann Dein Posting aufmerksam und nimmt er gar wahr, wenn Du ihm sachlich mit Argumenten widersprichst?“
„Anscheinend nicht“, so die Antwort an mich selbst, und ihre letzten Worte scheinen mir diese Antwort zu bestätigen: denn einerseits schreiben Sie, dass Sie kein „Berater“ seien, aber letztlich glauben Sie zwei Mal behaupten zu müssen, der idw kranke an seiner „Satzung“ an seinen „Strukturen“ und am Mangel „starker Persönlichkeiten“. Kennen Sie die drei überhaupt? 😉
Nix für ungut. Aber mir ist am konstruktiven Dialog mehr gelegen.
Mit bestem Gruß
Josef König
PS: Leider musste ich über Ihrer Antwort schreiben, denn darunter hatten Sie die Antwortmöglichkeit scheinbar nicht vorgesehen 😉
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Reiner Korbmann
19. März 2015
Lieber Herr Dr. König,
ich bedaure, dass Sie dies so persönlich nehmen. Der Jubilar ist doch IDW, nicht Sie. Ihr persönliches Verdienst als Mitgründer habe ich, denke ich, deutlich genug gewürdigt. Und Ihre Postings werde ich auch weiterhin mit großer Aufmerksamkeit lesen.
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Wolfgang C. Goede
13. März 2015
Die ewig zu spät Gekommenen
Beim Lesen von Reiner Korbmanns Glückwünschen und seiner sensiblen Analyse des Geburtstagskindes ging mir das mittlerweile fast schon geflügelte Wort vom „zu spät gekommenen Ressort“ durch den Kopf.
Ein Mal zu spät—immer zu spät?
Während meiner mehrmonatigen Aufenthalte in Lateinamerika und bei meiner Rückkehr nach Deutschland fällt mir auf: Der einst von Bundespräsident Roman Herzog beschworene Ruck ist stecken geblieben. Wir leben von der Substanz, dem legendären Ruf der Deutschen in Wissenschaft und Technik, der jenseits des Atlantiks überlebt. Innovativen Pioniergeist überlassen wir weiterhin den Anderen, leider.
Will im Korbmann’schen idw Kontext sagen: So wie der deutsche Wissenschaftsjournalismus internationalen und besonders angelsächsischen Leitmodellen immer hinter her gehinkt ist, hechelt die Wissenschaftskommunikation mit langer Zunge dem „State of the Art“ nach. „Sumpfige Listen“ statt appetitlich und übersichtlich servierte Geschichten bei EurekAlert: Besser lässt es sich nicht sagen!
Gleichzeitig bezweifele ich, ob das angelsächsische Vorbild wirklich (noch) trägt. Jahrelang hatte ich EurekAlert‘s Science News abonniert, um Stoff für den täglichen Online Ticker eines Wissenschaftsmagazins zu gewinnen. In der Tat, kein Vergleich mit idw: einfacher, pfiffiger, aktueller, mit tollen Bildangeboten und Ansprechpartnern, die fast sofort zu jeder Tageszeit auf Anfragen reagierten. Superb!
Gleichwohl fielen mir 3 Defizite auf.
Die Datenhuberei, Verliebtheit in Riesenmengen von Details, die oft nur schwer ein Bild ergaben.
** Im Gegensatz dazu regelmäßig eingestreute Banalitäten und schräge Meldungen, die auf einen Platz im Vermischten, Boulevardmedien, Nachrichten bei Low-Budget-Privatsendern spekulierten.
*** Ein Grundton, dass Wissenschaft und Technologie immer positiv sind, ohne auch nur einen Ansatz des Hinterfragens oder sozialer Bedenklichkeiten.
Das könnten wir grundsätzlich besser! Hierzu 4 Vorschläge:
• Noch mehr Stringenz hinsichtlich öffentlicher Relevanz und allgemeiner Verstehbarkeit wissenschaftlicher Nachrichten.
• Kompatibilität mit modernem Internet, Social Media und dem sich rasch wandelnden Rezeptionsverhalten der Menschen, was heißt, dass jede Meldung in Kurzform in Print und Audio aufbereitet werden müsste, mit einem ausdrucksstarken Bild oder einer Bilderdatei und sogar einem Kurzvideo, möglicherweise alle in einem Guss.
• Obwohl wir von Wissenschaftskommunikation keinen kritischen Journalismus erwarten dürfen und sie letztendlich immer „Cheerleader“ seiner Auftraggeber bleiben wird, sollte sie sich vom Duktus einer US-amerikanisch geprägten Überhöhung lösen, man könnte auch unkritischen Verherrlichung sagen.
• Letztlich müssen wir anfangen, in Englisch zu kommunizieren, sprachlich zweigleisig vorgehen, um in einer globalisierten und zunehmend englischsprachigen Welt mit „Research & Technology made in Germany“ unsere Nachbarn zu erreichen. Auf Deutsch erreichen wir nur ein Promille der Menschheit!
Mit dieser Kommunikationsreform könnten wir den Stempel der ewig „zu spät Gekommenen“ abkratzen. Das könnte auch den Journalismus und die Forschung beflügeln. Deren „Goldenes Zeitalter“, das 19. Jahrhundert, muss keine Singularität bleiben.
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