Wissenschaftskommunikation und Journalismus? Gemeinsam oder getrennt? #Wisskom-Journalismus

Posted on 22. Januar 2019

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R.Korbmann, Blogger für Wissenschaftskommunikation

Reiner Korbmann

Der einflussreiche „Siggener Kreis“ hat jüngst ein Impulspapier veröffentlicht, das polarisiert. Er schlägt ein Bündnis vor, das alle an Wissenschaftskommunikation Beteiligten umfasst, wirklich alle. Und nennt als Grund: „Um weiter in die Öffentlichkeit und insbesondere zu Entscheidern in Wissenschaft, Medien und Politik vorzudringen.“

Das Heikle daran: In dieses Bündnis beziehen die Forschungssprecher (auch einige Journalisten waren in Siggen dabei) ausdrücklich die Journalisten mit ein, insbesondere die Wissenschaftsjournalisten. Und das wirft brennende Fragen auf, ja polarisiert sogar, bringt ein überkommenes demokratisches Prinzip ins Wanken. Die Rolle der Medien, so die reine Lehre einer demokratischen Gesellschaft, ist die Kontrolle der Mächtigen im Sinne der Bürger durch unabhängige Information und Kritik. UNABHÄNGIG! Das muss sein, denn abhängige Interessenvertreter gibt es genug in der pluralen Gesellschaft, auch die Forschungssprecher zählen dazu, die natürlich die Stimme der Wissenschaft zu vertreten haben. Das wird auch deutlich in der Zielsetzung eines solchen Bündnisses, wie es dem Siggener Kreis vorschwebt: „besser zu Entscheidern…vorzudringen“ – das ist pure Einflussnahme. Legitim, aber ganz und gar nicht die Rolle von Journalismus in einer Demokratie.

Das wäre die gesellschaftspolitische Dimension eines Bündnisses der Wissenschaftskommunikation, das Journalisten mit einschließt. Es gibt aber durchaus auch praktische Fragen, die dieser Vorschlag des Siggener Kreises aufwirft: Gefährdet es nicht die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn sich Journalisten auf ein Bündnis einlassen, daher nicht mehr so ganz unabhängig sind? Und das in Zeiten von „Fake News“ und „Lügenpresse“, wo diese Glaubwürdigkeit bewährten Institutionen ohnehin immer häufiger abgesprochen wird, auch der Wissenschaft. Gefährdet das nicht also auch die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft? Und schließlich: Braucht die Wissenschaftskommunikation ein Bündnis mit Journalisten bzw. Medien? Die Medien befinden sich derzeit in einer tiefen Strukturkrise, worunter die Journalisten, vor allem die Wissenschaftsjournalisten leiden. Ist es da sinnvoll sich mit ihnen zu verbünden, wo doch die Wissenschaftskommunikation gerade im Höhenflug ist, der absehbar noch längere Zeit anhalten wird?

Fragen über Fragen. Die Antworten sind Einstellungssache, hängen von der eigenen Position ab, von den eigenen Werten, von den eigen Überzeugungen und den persönlichen Zielen. Aber es sind Fragen, die geklärt werden müssen, wollen Wissenschaftskommunikation und ihre wichtige Zielgruppe Journalisten weiter gut zusammenarbeiten – unabhängig voneinander oder verbündet. Wir werden Meinungsführer der unterschiedlichen Position einladen, hier zu diskutieren und natürlich sind alle Leser von „Wissenschaft kommuniziert“ aufgerufen, sich einzubringen und zu schreiben (auch Video-oder Audio-Kommentare sind willkommen). Es gilt, die Rolle der Wissenschaftskommunikation in der Wissenschaft und in der Gesellschaft zu klären, und die Rolle der Journalisten in der Gesellschaft wie in der Wissenschaftskommunikation.

Diskutieren Sie mit: Wissenschaftskommunikation und Journalismus – gemeinsam oder getrennt?

Als erster Beitrag zur Diskussion unter dem Hashtag #Wisskomm-Journalismus lesen Sie den Kommentar der schweizer Wissenschaftsjournalistin Heidi Blattmann zum jüngsten Siggener Impuls:

Zur Dokumentation finden Sie hier auch den „Siggener Impuls 2018“ im Wortlaut: