Die „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“ sind gewählt: Qualität und Kontinuität!

Posted on 19. Januar 2021

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Die Wähler haben entschieden, die „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“ sind gewählt. Und dieses Mal wartet die Wahl mit einer ganz besonderen Überraschung auf: Keine Überraschung. Die Spitzenreiter sind die gleichen wie im letzten Jahr, lediglich die beiden Führenden haben ihre Plätze getauscht.

Zum zehnten Mal haben die Leser von „Wissenschaft kommuniziert“ über den „Wissenschafts-Blog des Jahres“ entschieden. Knapp 5.000 Stimmen wurden abgegeben, so viele wie nie vorher. Die gleichen Blogs wie 2019 belegen die ersten drei Plätze, ein Zeichen für Qualität und Kontinuität – dieses Mal sogar mit deutlichem Abstand zu den weiteren Platzierten.

Hier sind sie: Die „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“

Doch zunächst das Wichtigste, die Sieger:

Im letzten Jahr noch die große Überraschung als Platz zwei, dieses Mal sogar noch einen Rang besser platziert – und dabei den Blog der renommiertesten Universität Europas geschlagen: Der sehr persönliche Blog „Miss Jones“ der Archäologin Geesche Wilts, die nicht nur in alten Trümmern gräbt, sondern sich voll auf das Abenteuer Vergangenheit einlässt. Noch etwas Besonderes: Geesche Wilts ist bekennende Legasthenikerin, ihr Mut, mit ihren Texten öffentlich zu wissenschaftlichen Themen aufzutreten, ist von den Lesern honoriert worden. Sie erhält den „Wissenschafts-Block in Gold„.

Der Zukunftsblog der ETH-Zürich.ist ein alter Bekannter, der sich seit Jahren durch hervorragende Information, gute Gestaltung und hohe journalistische Qualität auszeichnet und daher seit fünf Jahren immer unter den beliebtesten Blogs zu finden ist, 2017 und 2019 sogar die Wahl zum „Wissenschafts-Blog des Jahres“ gewann. Hier können sich andere Hochschule eine Scheibe abschneiden. Er erhält dieses Mal den „Wissenschafts-Block in Silber„.

Den „Wissenschafts-Block in Bronze“ erreichte wieder ein alter Bekannter: Der Nachrichtenblog „Wissenschaft aktuell„, der bereits in den vergangenen Jahren Spitzenplätze belegte, 2015 sogar zum Sieger gewählt wurde. Täglich aktuelle und zuverlässige Nachrichten aus der Wissenschaft, von Wissenschaftsjournalisten recherchiert und geschrieben. Auch 2019 lag dieser Blog auf Platz drei.

Jedes Jahr vergibt die Redaktion von“Wissenschaft kommuniziert“ einen „Sonderpreis der Redaktion“ zum „Wissenschafts-Blog des Jahres“, der auf wichtige und spannende Blogs aufmerksam machen soll, die nicht so sehr im Blickpunkt des Leserpublikums stehen, und der zugleich qualitativ Maßstäbe setzt. In diesem Jahr geht dieser Sonderpreis an den deutschsprachigen Digital Society Blog: Wissen für unsere vernetzte Welt des Alexander von Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft in Berlin.

Angesichts der ganz besonderen Situation des Jahres 2020 durch die Corona-Pandemie und der Bedeutung, die Wissenschaft plötzlich für alle Fragen des gesellschaftlichen Lebens gewonnen hat, haben wir dieses Mal eine zweite Wahl organisiert, die des „Corona-Blog des Jahres“. Zur Wahl stand eine bunte Mischung von Live-Blogs mit aktuellsten Nachrichten bis hin zu Blogs mit gesellschaftspolitischen Analysen der Situation. Gewonnen hat ein ein Wissenschaftsblog von Spezialisten, der alle angeht, vom Manager in Unternehmen bis zu Privatpersonen: der Blog „Corona-Krisenmanagement“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart.

Allen Gewinnern herzliche Glückwünsche.

Hier finden Sie auch gleich noch die weiteren Platzierten – zur Orientierung und zum Anklicken – originelle, spannende Blogs, die teilweise in den vergangenen Jahren auf Spitzenplätzen landeten, die aber dieses Mal von der Gunst der Leser nicht bis an die Spitze getragen wurden:

  • Der Stiegen-Blog: Die Stufen im Salzbergwerk stehen für die archäologische Forschung im österreichischen Hallstatt.
  • Gehirn & KI: Fragen und Antworten zur Künstlichen Intelligenz von Jaromir Konecny.
  • Archaeologik: Der Archäologe Prof. Rainer Schreg von der Universität Bamberg beleuchtet aktuelle Fragen der Archaeologie.
  • Beobachtungen der Wissenschaft: Der Physiker und Philosoph Lars Jaeger beleuchtet sich abzeichnende Schlüsseltechnologien.
  • Pfahlbauten-Blog: Der Blog des österreichischen Kuratoriums Pfahlbauten: Aktuelles und Hintergründe zu den prähistorischen Pfahlbauten rund um die Alpen.
  • Baking Science Traveller: Die Mathematikerin Isabelle Beckmann lebt hier ihre drei Hobbies aus: Backen, Wissenschaft und Reisen: Genussreich, informativ, amüsant.
  • Der Blog der großen Fragen: Die großen Fragen der Wissenschaft brauchen nach Ansicht des Lehrers Axel Stöcker viele kleine Antworten: Anregendes Nachdenken über Wissenschaft.

Beim „Blog-Teufelchen“ melden sich die Corona-Leugner

Neben der Wahl der „Wissenschafts-Blogs des Jahres“ fand dieses Jahr wieder die Wahl des „Blogteufelchens der Wissenschaftskritik“ statt. Sieger wurde, wie schon wiederholt in den Jahren vorher, kein „Teufelchen“, sondern einer der wenigen Blogs, die sich gezielt und kritisch aus Sicht der Wissenschaft mit den Kritikern und Leugnern von Wissenschaftlichkeit auseinandersetzt: Der Blog gwup|die skeptiker. Zum ersten Mal stand in diesem Jahr auch ein sich wissenschaftlich gerierender Blog der Coronaleugner zur Wahl. Leider ist die Szene sehr unübersichtlich, so dass wir bei den Recherchen nicht weiter kamen. Prompt landete dieser Blog, zusammen mit einigen anderen populären Blogs der Wissenschaftskritik, ganz vorn. Mal sehen, wie sich die Szene entwickelt, wenn Corona nicht mehr das große gesellschaftspolitische Thema ist.

Doch nun zu den Blogs im Einzelnen:

Der „Wissenschafts-Blog des Jahres 2020“: Miss Jones

Abenteuer Vergangenheit: Auf den Spuren längst vergangener Zeiten wandelt die Archäologin Geerit Wilts und bietet ein großes Spektrum spannender Geschichten.

Miss Jones“ ist ein Archäologie-Blog. Da gibt es viele, aber für die Archäologin Geesche Wilts, die ihren Blognamen von Indiana Jones ableitet, ist die wissenschaftliche Reise in die Vergangenheit ein großes Abenteuer. So berichtet sie in ihrem Blog locker aus vergangenen Zeiten, nicht alle so weit zurückliegend wie die alten Römer oder Ägypter. Sie wandelt auf den Spuren vergangener Zeiten, gleichgültig ob alte Stadtschlösser oder die chinesische Terrakotta-Armee, sie kritisiert die Forschung, die sich etwa zu wenig um das weltweite Hafennetz der Venezianer kümmert (und damit eine Chance verpasst, alte Handelsbeziehungen zu erkunden) und schildert in einem Adventskalender ihre 24 archäologischen Höhepunkte der Welt, von Island bis Mali, von Südamerika bis Japan. Und trotz Masterarbeit und Winterpause ist ihr Blog so beliebt, dass er in dieser Wahl die Spitzenposition erreicht.

Die Blogautorin hat keine Hemmungen, ihre ganze Persönlichkeit in ihre Berichte mit einzubringen, das macht die Berichte so attraktiv gerade für Nicht-Archäologen. Dazu gehört auch, dass sie sich offen zu ihrer Legasthenie bekennt und den Mut besitzt, mit Texten an die Öffentlichkeit zu treten. Natürlich nutzt sie moderne Software um die Behinderung auszugleichen, aber dennoch muss man den Hut ziehen, so offen damit umzugehen. Sie bekennt: „Ich schreibe für euch hier regelmäßig über die neuesten, die interessantesten, die verrücktesten, lustigsten aber auch über die banalsten Geschichten aus der Menschheitsgeschichte.“ So wird Archäologie zum Vergnügen und die Frage „Wo kommen wir her“ ganz hautnah.

Der „Wissenschafts-Block des Jahres 2020“ in Silber: ETH-Zukunftsblog

Sachlich, nüchtern, mit Qualität – der Charakter des ETH-Zukunftsblogs zeigt sich schon im optischen Erscheinungsbild.

Die ETH Zürich ist ohne Zweifel die renommierteste Technische Universität Europas. Sie will mit dem „Zukunftsblog“ ihre Kompetenz für eine Zukunft mit Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Gesundheit unterstreichen. Der „Zukunftsblog“ war 2017 und 2019 bereits „Wissenschafts-Blog des Jahres“, im Jahr vorher ebenfalls zweiter der jährlichen Wahl. Im Mittelpunkt des Blogs stehen Nachrichten und Meinungen von Wissenschaftlern zu den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Gesundheit.

Naturgemäß enthält er Informationen vor allem aus der ETH-Forschung. Hier berichten die Beteiligten selbst – vom Doktoranden bis zum Professor, auch anderer Hochschulen – umso höher ist das Niveau der Darstellung einzuschätzen: spannend, verständlich, inhaltsreich und direkt aus dem Forscherleben gegriffen. Der Zukunftsblog der ETH ist ein Musterbeispiel, wie eine Hochschule, ein Forschungsschwerpunkt oder ein Institut mit etwas Engagement der Beteiligten Blogs für die Kommunikation nutzen kann. Voraussetzung dafür ist sicherlich ein Redaktionsteam, das sich um Themen, um Beiträge und um die attraktive Aufarbeitung der Posts kümmert.

Der „Wissenschafts-Block des Jahres 2020“ in Bronze: Wissenschaft aktuell

Alle wichtigen Nachrichten aus der Wissenschaft, jeden Tag, von kundigen Journalisten: Der Nachrichten-Blog „Wissenschaft aktuell“.

Dieser Blog ist eigentlich kein Blog, sondern ein Nachrichten-Portal. Eine Gruppe von Wissenschaftsjournalisten gründete „Wissenschaft aktuell“ bereits 1998 – in Internet-Dimensionen also „Steinzeit“ – und bestückt den Blog jeden Tag mit einer Fülle von aktuellen News: Wissenschaft in aller Kürze, in bewundernswerter Breite der Themen, in für jedermann verständlicher Sprache, in gelungener Auswahl, in ausreichendem Umfang und in großer Zuverlässigkeit. Eine große journalistische Leistung, die höchste Anerkennung verdient. 2016 wurde „Wissenschaft aktuell“ bereits zum „Wissenschafts-Blogs des Jahres“ gewählt, in diesem Jahr reichte es (nach 2019) wieder zum „Wissenschafts-Block in Bronze„. Ein Zeichen dafür, dass seriöser Journalismus auch im Internet Anerkennung und sein Publkum findet. Das Problem für den ernsthaften Journalismus ist damit aber nicht gelöst, denn die Menschen dahinter müssen auch von ihrem Beruf leben können. Das Angebot von Wissenschaft-aktuell ist kostenlos. Spenden sind hoch willkommen.

Sonderpreis der Redaktion zu den „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“: Digital Society Blog

Der „Digital Society Blog“ des Alexander von Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft will Wissen für die vernetzte Welt liefern.

Der „Digital Society Blog“ will Wissen für die vernetzte Welt liefern. Es ist der Blog des relativ unbekannten Alexander von Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft, das 2012 mit einer Startfinanzierung von Google von der Humboldt-Universität, der Universität der Künste und des Wissenschaftszentrums in Berlin zusammen mit dem Hans Bredow Institut für Medienforschung in Hamburg gegründet wurde, um die Entwicklung des Internets aus einer gesellschaftlichen Perspektive zu erforschen und die Digitalisierung aller Lebensbereiche besser zu verstehen.

Dass man bisher zu diesen brennenden Themen so wenig von dem Institut gehört hat, kann nicht an der Qualität des Institutsblogs liegen: Übersichtlich, verständlich und mit einem breiten Themenspektrum berichtet der Blog zu aktuellsten Themen unserer digitalen Epoche (wenn man einmal Corona außen vor lässt): Etwa, wie bewältigen die Universitäten den digitalen Wandel? Wie können Gruppen in die Digitalisierung eingebunden werden, die nicht die notwendigen Mittel oder das Knowhow haben? Wer hat die Verantwortung, dass Algorithmen fair sind? Wie lässt sich die Digitalisierung zur Bekämpfung des Klimawandels einsetzen?

Mit dem Ziel, drängende gesellschaftspolitische Fragestellungen weiter in den Fokus der Wissenschaftskommunikation zu rücken, verleiht die Redaktion dem Blog „Digital Society Blog: Wissen für unsere vernetzte Welt“ den Sonderpreis zu den „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“.

In diesem Jahr erstmalig – einmalig? –
Der „Corona-Blogs des Jahres„: Krisenmanagement

Es ist (leider) schon fast trivial festzustellen, dass das Jahr 2020 von der Corona-Pandemie geprägt wurde. Die Sondersituation hat online viele neue Informationskanäle hervorgebracht: Blogs und Newsplattformen, nicht nur zu den Viren und ihrer Ausbreitung, sondern zu vielen Aspekten weitab von Virologie und Medizin. Denn Corona ist nicht nur eine Krankheitswelle sondern eine gesellschaftliche Krise, die alle Bereiche des Lebens betrifft.

Krisenmanagement – ein Thema, das in Pandemiezeiten jeden anging: Der Blog des Fraunhofer-Instituts IAO.

Überraschend und daher erfreulich zugleich, dass bei der Wahl des „Corona-Blogs des Jahres 2020“ kein Newsportal der großen Medien oder ein Gesundheitsblog das Rennen gemacht hat, sondern die Blogreihe „Corona-Krisenmanagement“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart. Die Wissenschaftler des renommierten arbeitswissenschaftlichen Instituts, die in der Vergangenheit bereits viele Impulse zur Modernisierung der deutschen Wirtschaft gegeben haben, konzentrieren sich in der Pandemie auf das Wesentliche: Krisenmanagement. Das ist das, was in den vergangenen und kommenden Monaten überall angesagt war – in der Politik, in den Unternehmen, in den Schulen und Kitas, ja sogar bei jedermann zu Hause. Und die Wissenschaftler hinterfragen in ihrem Blog Schlagworte wie digitale Transformation, Home Office oder „neues Normal“. Und sie geben Hinweise auf Lösungsmöglichkeiten. Wer verantwortlich mit der Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen zu tun hat, kommt um diesen Blog nicht herum. Kein Wunder, dass so viele Leser ihn gewählt haben.

Auch auf dem zweiten Platz der Wahl liegt übrigens ein Blog, der sich weniger um Viren und Infektionsraten kümmert, sondern „um die Kümmerer der Pandemie“, der Blog „Corona & Care“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, gleichauf mit  dem Corona-Liveblog des ZDF, einem umfassenden und aktuellen Nachrichtenportal.

Werden Corona-Blogs zu ständigen Begleitern unseres Lebens? Und damit zu einer neuen Wahl hier im Blog? Wir wissen es nicht. Es kann sein, dass uns die Pandemie weiterhin so existenziell bedrängt, dass für uns auch im neuen Jahr kein zweites wissenschaftliches Thema so wichtig wird, es kann aber auch sein, dass sich unsere Hoffnungen erfüllen und wir zum Jahresende lieber über die Zeit nach der Krise reden als über die Bewältigung der Pandemie.

Perspektivenwechsel: Immer wieder Ärger um das „Blogteufelchen“

Ich gestehe es ein: Uns allen fällt es schwer, aus unserer eigenen Perspektive herauszutreten, sich so in andere Menschen hineinzuversetzen, wie es eigentlich nötig wäre, um mit ihnen erfolgversprechend zu kommunizieren. Unsere eigene Perspektive haben wir, weil sie auf der Basis unserer sicheren Fundamente entstanden ist, etwa auf der Basis, unser Leben nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten.

Vor diesem Hintergrund wird unsere Wahl des Blogteufelchens immer wieder missverstanden, vor allem von Kollegen, die in der Wissenschaft verankert sind. Auch dieses Mal wieder haben einige von mir hoch geschätzte Kollegen/in auf Twitter kritisiert, dass mit dem „Blogteufelchen“ die wissenschaftskritischen Blogs, teils tatsächlich sogar wissenschaftsfrei, mit den ernsthaften Wissenschaftsblogs gleichgesetzt würden, ja dass durch Aufnahme des GWUP-Blogs (der dieses Jahr wieder gewonnen hat) Wissenschaft und Pseudowissenschaft vermischt würden.

Nun, zunächst einmal ist die Wahl des „Blogteufelchens“ eine getrennte Wahl von den „Wissenschafts-Blogs des Jahres“, was durch die Bezeichnung auch noch einmal deutlich gemacht wird. Zum zweiten ist eine Wahl kein Preis, keine Auszeichnung irgendwelcher besonderer Qualitäten, sondern eine Mehrheitsentscheidung, eine Frage der Popularität – nicht mehr und nicht weniger. Auch eine Bundestagswahl wird ja nicht von der „besten“ Partei gewonnen, sondern von der populärsten (was in der demokratischen Gesellschaft natürlich deutlich wichtiger ist, als für die Qualität eines Wissenschaftsblogs). Und wenn ich schon eine Wahl veranstalte (später gleich: warum), dann muss ich die tatsächlichen Alternativen auch klar aufzeigen, eben den Blog, der sich aus der Sicht der Wissenschaft mit der Wissenschaftskritik befasst, mit den Blogs, die kritisch oder negierend mit Wissenschaft umgehen.

„Die wissenschaftsferne Perspektive der Welt braucht mehr Aufmerksamkeit durch die Wissenschaftskommunikation.“

Denn es ist ja so, und jetzt versetze ich mich in die Situation der Menschen, die mit Wissenschaft nichts am Hut haben, die mangels entsprechender Ausbildung, oder mangels Interesse, jeden für einen Wissenschaftler halten, der ein „Dr.“ vor dem Namen stehen hat oder der eine „Studie“ macht, die sich nicht im Stande sehen, dessen Kompetenz zu beurteilen (was oft auch gar nicht so leicht ist). Wie sollen sie mangels Alternativen urteilen, wenn ihnen Blogs unter dem (unberechtigt angeeigneten) Signum „Wissenschaft“ (das tragen sie alle) vormachen, Corona sei nicht schlimmer als ein Schnupfen, Kornkreise stammten von Außerirdischen oder Wissenschaftler arbeiteten ohnehin nur für die Interessen der Mächtigen.

Das ist ein Problem, mit dem sich die ernsthafte Wissenschaftskommunikation in Deutschland viel mehr beschäftigen muss. Darauf will ich mit den „Blogteufelchen“ hinweisen, denn ich habe gelernt: Es sind sehr viele in Deutschland, die diese wissenschaftsferne Perspektive haben (mehr dazu in meinem Blogbeitrag „Was ist ein Wissenschafts-Blog?“). Und nicht nur Donald Trump, die Coronaleugner, Pegida oder sogar populistische Parlamentsparteien machen deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit diesen vermeintlichen “Wissenschaftsinformationen“ dringend notwendig ist. Darauf will ich mit dieser Wahl immer wieder die Aufmerksamkeit lenken. Als Einzelkämpfer habe ich keine kräftigeren Waffen.

Der Sieger beim „Blogteufelchen“: Ein Kämpfer gegen Teufel

Doch nun zum Wahlergebnis: Hier war die Entscheidung sehr viel weniger eindeutig als beim „Wissenschafts-Blog des Jahres“. Immerhin fünf der acht vorgeschlagenen Kandidaten konnten zweistellige Prozentzahlen von Stimmen auf sich vereinen. Sieger wurde, wie bereits 2015 und 2016 mit gwup|die skeptiker ein Blog, der sich zur Aufgabe gesetzt hat, aus Sicht der Wissenschaft gegen „Blogteufelchen“ zu kämpfen. (Wer meint, dies sei ein Widerspruch, sollte  die Absätze vorher lesen.)

Seit 33 Jahren Kampf gegen Wissenschaftsferne und – kritiker – heute per Blog: GWUP – Die Skeptiker.

gwup|die skeptiker: In diesem Blog der GWUP geht es um alles, was für nicht-wissenschaftliches Denken steht: um Homöopathie, Wundermittel, Coronaleugner, Verschwörungstheorien oder um Irrsinn, wie den angeblichen Fund von Handys mit Keilschrift-Tastatur. Tatsächlich setzt sich die GWUP, die „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“, bereits seit 1987 mit wissenschaftsfernen und -kritischen Themen auseinander, die für sich jedoch Wissenschaftlichkeit beanspruchen – also noch vor der Erfindung von Blogs und sogar des World Wide Webs. Legendär sind die Ferndiskussionen, die sich die Gesellschaft in den achtziger Jahren mit dem Freiburger Parapsychologen Hans Bender oder dem Schriftsteller Erich von Däniken geliefert hat. Man kann sicher darüber diskutieren, ob der GWUP-Blog bei dieser Auseinandersetzung immer auf dem richtigen Weg ist, Beachtung und Beifall verdient sein Bemühen auf jeden Fall: Ein Gegengewicht im bis heute von der Wissenschaftskommunikation vernachlässigten Feld der Wissenschaftskritik.

Schlagen Sie Ihre Blog-Favoriten für die nächste Wahl vor

Alle drei Gewinner der Wahl zum „Wissenschafts-Blog des Jahres 2020“ waren einmal Newcomer, vorgeschlagen von Lesern dieses Blogs. Deshalb mein Aufruf: Wenn Sie in der Kandidatenliste einen Blog vermissen, den Sie mögen, der Ihnen vielleicht besonders am Herzen liegt, dann schlagen sie ihn vor, und zwar als Kommentar – hier zu diesem Artikel oder zum Wahlaufruf. Aus Gründen der Transparenz werden – außer den Vorschlägen der Redaktion – nur Blogs bei der nächsten Wahl berücksichtigt, die als öffentliche Kommentare an diesen beiden Stellen vorgeschlagen werden – aber sie werden berücksichtigt!

Die Kandidatenlisten zu den „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2020“ stehen übrigens noch offen, damit Sie die aktiven Links zum Ansehen der Kandidaten nutzen können, aber sie werden natürlich nicht mehr ausgewertet.