Forscher oder Kommunikator – Was darf man Wissenschaftlern zumuten?

Posted on 7. Dezember 2011

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Und dann auch noch Bloggen, Twittern und Facebook? (Karikatur Liz LaRosaEin Wissenschaftler wurde dazu ausgebildet, gute Forschung zu machen. Und je besser er das tut, umso begehrter sind er und seine Ideen. Zeitraubende Kongresse und Vortragsreisen entstehen daraus, Gremiensitzungen und Managementaufgaben, die oft genug seine ganze Konzentration und sein gesamtes Zeitbudget verlangen, ganz abgesehen davon, dass er meist auch noch weiter forschen möchte. Darf man da erwarten, dass er sich auch noch die Zeit nimmt, zu Twittern, zu Bloggen oder auf Facebook seine Sicht der Welt einer – noch – kleinen Gemeinde zu offenbaren?

Nein, darf man nicht…., meinte die Leiterin der DECHEMA-Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Kathrin Rübberdt, beim 4. Forum Wissenschaftskommunikation in Köln. Ihr Thema war das geänderte Verhältnis zwischen Wissenschaftler und Forschungssprechern in Zeiten von Web 2.0. ……..vorausgesetzt aber, dass sich dieses Verhältnis grundlegend ändert. Heute betrachtet der Forscher seinen Kommunikator meist als Erfüllungsgehilfen. Seine Vorgaben, seine momentanen Interessen, stehen im Mittelpunkt, und dem Kommunikator bleibt dann „nur noch“, dies umzusetzen.

Doch in Zeiten von Internet, Sozialen Netzen, kleinteiliger Medienlandschaft und unterschiedlichsten Zielgruppen hat der Forscher weder das notwendige Wissen noch die Zeit, all die Instrumente zu beherrschen, ganz abgesehen dass ihm das Umschalten der Denk- und Sprachebenen schwerfällt und er in die Ergebnisse meist die falschen Erwartungen setzt, so Kathrin Rübbert. „Wissenschaftskommunikation ist Management, und das kann man nicht Wissenschaftlern überlassen“, provoziert sie. Natürlich ist der Wissenschaftler für die Kommunikation unverzichtbar, um Vertrauen aufzubauen und um authentische Begeisterung zu vermitteln.

Doch er sollte auch volles Vertrauen in die Professionalität seines Kommunikators als Manager setzen. Der muss die Kommunikationsabläufe organisieren, Beziehungen aufbauen, Kernaussagen erarbeiten, die Kommunikationsstrategie der Institution im Auge behalten und zugleich nicht nur den einzelnen Wissenschaftler, sondern sein ganzes Institut, die Disziplin, ja sogar das gesellschaftliche System Wissenschaft nach außen vertreten. So wird der Kommunikator in einer Arbeitsteilung mit dem Forscher zu seinem Berater und Partner in der Kommunikation. Und das funktioniert auch in Zeiten von Web 2.0. Sogar besser als früher, denn wer sagt denn, dass ein vielbeschäftigter Forscher alle Posts in seinem Blog selber ausformuliert haben muss, dass jeder Tweet aus seinem persönlichen Smartphone stammt. Unsere Welt ist arbeitsteilig, eine so komplexe Welt wie die der Kommunikation wird daher arbeitsteilig am besten bewältigt.

Voraussetzung ist allerdings, dass Wissenschaftler in ihre Forschungssprecher das Vertrauen setzen, dass sie – was Kommunikation angeht – die kompetenteren Entscheidungen fällen, dass sie seine Interessen besser vertreten als er selbst das könnte. Ganz generell fällt es Wissenschaftlern allerdings schwer anzuerkennen, dass andere etwas besser können als Wissenschaftler. In diesem Fall müssten sie dies vielleicht sogar Kommunikatoren zutrauen, die keine vollakademische Laufbahn hinter sich haben, aber ein Paket praktischer Erfahrungen.

Ich meine, das mangelnde Vertrauen in die Kommunikationskompetenz der Forschungssprecher ist eine der höchsten Hürden für eine professionelle Wissenschaftskommunikation. Denn was hilft es, wenn sie hervorragend ausgebildet sind und professionell arbeiten, wenn der Forscher sich dennoch alle Entscheidungen vorbehält, ohne die Kompetenz seines Kommunikators einzubinden. Um das zu ändern müssen wohl ganze Denkwelten bewegt werden. Ein langer Weg – bei dem es nur sinnvoll ist, heute den ersten und  jeden Tag einen weiteren Schritt zu tun.