Das NaWik ist eröffnet – Beatrice bleib stark!

Posted on 18. Oktober 2012

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Eine prächtige Kulisse – Eröffnung des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation im Karlsruher Schloss

Es war ein festlicher Rahmen am Mittwochabend im Karlsruher Schloss, ein Nobelpreisträger als Gast, klassizistischer Gartensaal des Markgrafen Karl Wilhelm, mit Catering-Zelt nebenan: Das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) wurde eröffnet. Offensichtlich nicht national genug, denn Vertreter des Bundes und des zuständigen Landes Baden-Württemberg hatten abgesagt. Dafür waren der Stifter und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) umso stolzer auf das Erreichte: Mit einer Spende von 10 Millionen Euro finanziert die Klaus-Tschira-Stiftung das neue Institut für fünf Jahre, das Wissenschaftlern und Studierende in die Praxis der Wissenschaftskommunikation einführen soll.

Stifter Klaus Tschira bei der NaWik-Eröffnung.

„Die Idee ist vor einem Jahr entstanden“, berichtete Stifter Klaus Tschira. Er will mit dem Institut erreichen, dass die Wissenschaft ihrer „Bringschuld“ besser nachkommt, denn „erstens wird die Forschung aus öffentlichen Haushalten gefördert“ und zweitens „weil die Wirtschaft zur Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse ein positives Meinungsklima braucht.“ Wem das zu sehr nach Argumenten aus den siebziger Jahren klingt (die Diskussion um Bring- oder Holschuld stieß seinerzeit Hemut Schmidt als Bundeskanzler an – lang ist’s her), der höre sich den Präsidenten des KIT an, den Physiker Prof. Eberhard Umbach: Er stieß ins gleiche Horn, auch wenn sich seine Argumente moderner anhören: Es gehe im NaWik darum, „wie die Ergebnisse und Erkenntnisse der Wissenschaft dem Auftraggeber und der breiten Öffentlichkeit, also dem Steuerzahler, verständlich dargestellt werden“. Am NaWik sollen „Wissenschaftsvermittler“ ausgebildet werden.

NaWik-Direktor Carsten Könneker – frisch zum Professor ernannt.

Immer wieder der gleiche Tenor: Wissenschaftler sollen lernen, ihre Ergebnisse, ihre Ansichten zu kommunizieren. Selbst der Direktor des NaWik, der langjährige Journalist Dr. Carsten Könneker (er bleibt auch in Zukunft Chefredakteur von mehreren Zeitschriften, managt das NaWik nur als Teilzeitjob) sieht als taufrischer Professor eher handwerkliche Ziele für sein neues Institut: Erstens die Aneignung der kommunikativen Werkzeuge, also wie man für welche Zielgruppen verständlich schreiben und reden kann, und zweitens, wie er es nennt eine „Bewusstseinsschärfung“ der Wissenschaftler, dass sie in der Lage sind, in Zielgruppen zu denken, aber auch sensibel ihre eigene Rolle im medialen Betrieb zu sehen – zudem die Rolle der Kommunikatoren und die der Journalisten. Ist das alles, braucht man dazu ein gut ausgestattetes „Nationales Institut“?

Immerhin ging Könneker noch einmal auf den Studiengang „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ ein, der in diesem Wintersemester in Karlsruhe (unter großem Andrang: mehr als 350 Bewerber für 50 Plätze) startet. Hier sollen, so war Könneker zu verstehen,

Zusammenarbeit? – NaWik-Chef Könneker sieht Überschneidungen von Forschern, Kommunikatoren und Journalisten.

Kommunikatoren und Journalisten eine Ausbildung finden. Am Programm des Masterstudiengangs, das im Internet zu finden ist, wird das nicht deutlich, aber vielleicht bietet der – wie man am Rande hörte – geplante Masterstudiengang später die notwendige Differenzierung und Vertiefung.

Was bleibt? Das NaWik ist eine großartige Idee, denn gute Ausbildungsmöglichkeiten für Wissenschaftskommunikatoren sind in Deutschland bitter notwendig. Daher ist die NaWik-Eröffnung zu Recht ein Grund zu feiern. Doch in seiner Zielsetzung springt es zu kurz: Ja, wir brauchen Wissenschaftler, die kommunizieren können – ein Beispiel trat bei der NaWik-Eröffnung auf (davon später mehr). Aber die Naturtalente allein reichen nicht, es müssen mehr sein. Doch woran es bislang dringend fehlt, sind professionelle Kommunikatoren für die Wissenschaft, Forschungssprecher, Pressesprecher, wie immer man sie nennen mag. Und fehlt jede vernünftige Aus- oder Fortbildungsmöglichkeit. Dafür würde ein „Nationales Institut dringend gebraucht.

Was sich die Verantwortlichen des NaWik als Ziele setzen, klingt nur nach Wissenschaftsmarketing im Sinne von PUSH und Meyer-Guckel, im NaWik-Kursprogramm geht es lediglich um Medientraining für die Forscher: Schreib-, Vortrags-, Interview- oder Onlinetraining. Das reicht vielleicht für eine bessere Performance in den Medien, für eine echte Teilhabe der Wissenschaft an den gesellschaftlichen Disputen aber genügt dies sicher nicht. Und das ist es, was die Wissenschaft braucht und was daher Wissenschaftskommunikation anstreben muss. (Siehe dazu auch „Kommunikation tut not“.)

Gab’s auch Positives? Aber ja doch! Zwei Dinge: Da war zunächst einmal die Astrophysikerin Lisa Kaltenegger vom MPI für Astronomie in Heidelberg, die in einer Art Festvortrag von Exo-Planeten berichtete, sie nannte es „die Suche nach der zweiten Erde“ – frisch, frei, in bunten Bildern und mit packenden Vergleichen in leichtem Salzburger Tonfall – jeder verstand worum es ging und war mitgerissen. Und zum Schluss sagte sie einen Satz von solch fundamentaler emotionaler Kraft, dass er ausreicht, um Millionen für Forschung zu begeistern (oder ihr hohe Priorität einzuräumen). Er ging sinngemäß so (ich war so gepackt von ihrer Formulierung, dass ich das Mitschreiben vergaß): „Früher habe ich mir immer gewünscht“, sagte die 1977 geborene Forscherin, „dass ich die erste Mondlandung hätte miterleben können, heute aber bin ich froh, zu der Generation von Forschern zu gehören, die Planeten an fernen Sternen untersucht, mit Sicherheit bald erdähnliche, bewohnbare finden wird – und eines Tages vielleicht ferne Planeten entdeckt, auf denen Leben existiert: Wir können mit unseren Mitteln sogar feststellen, auf welcher Entwicklungsstufe dieses Leben ist. Ich möchte heute in keiner anderen Zeit mehr leben.“ Schiere Begeisterung für die Aussicht auf eine neue Kopernikanische Wende.

Und das zweite: Ein Satz, den die stellvertretende Direktorin des NaWik in einem Video bei der Vorstellung der Mitarbeiter sprach, die renommierte und als kritische Journalistin bekannte Beatrice Lugger: „Ich hoffe, mit dem NaWik können wir einen Impuls an die Wissenschaft geben für einen offenen und kompetenten Dialog mit der Gesellschaft.“ Das ist es, worum es bei Wissenschaftkommunikation geht. Man kann Beatrice Lugger nur wünschen, dass sie das angesichts der divergierenden Vorstellungen um das NaWik durchsetzen kann. Beatrice bleibe stark!