Die „Forschungssprecher des Jahres 2017“ – Ein ganz besonderes Jahr

Posted on 8. September 2017

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 forschungssprecher_kleinGewählt von Wissenschaftsjournalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Die besten Experten der Wissenschaftskommunikation. Und in diesem Jahr gab es erstmals einen Sonderpreis.

 

Zum 10. Mal wurden dieses Mal die „Forschungssprecher des Jahres“ gewählt. Und dennoch: In diesem Jahr war alles anders als in den Jahren vorher. Doch bevor wir auf die Besonderheiten eingehen, hier das wichtigste: Wer sind die „Forschungssprecher des Jahres 2017“? Also die Sieger der Wahl:

  • In der Kategorie „Forschungsinstitute und Universitäten“: Ralf Röchert, Leiter Kommunikation und Medien des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschungforschung in Bremerhaven;
  • In der Kategorie „Forschungsorganisationen und Stiftungen“: Markus Weißkopf, Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“ in Berlin;
  • In der Kategorie „Industrie und andere Unternehmen“: Dr. Stefanie Seltmann, Director External Communications bei Pfizer Deutschland in Berlin.
  • Und es gab einen Sonderpreis für die beiden Initiatoren der „Märsche für die Wissenschaft“ in Deutschland, die Bildungsforscherin Dr. Tanja Gabriele Baudson und den Musiker und Regisseur Claus Martin.

Ein Sonderpreis für „positive Erschütterung“

Ein Sonderpreis? Ja, denn die Wissenschaft wurde in diesem Jahr, wie es Kollege Jens Rehländer von der Volkswagenstiftung in seinem Blog beschreibt, am 22. April von den über 20 deutschlandweiten Demonstrationen für die Wissenschaft mit über 35.000 Teilnehmern „positiv erschüttert“. Es ging ein Ruck durch die Forschungslandschaft. Endlich wird ernsthaft über das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft nachgedacht. Und dies ist der Kern der Wissenschaftskommunikation. Die Wissenschaftskommunikation, bisher eher ein Randthema für die Forschungspolitik, rückt damit in den Fokus, wie eine Tagung der Volkswagenstiftung Ende Oktober unterstreicht.

Dr. Tanja Gabriele Baudson und Claus Martin

Das Verdienst dafür haben Dr. Tanja Gabriele Baudson und Claus Martin – fast möchte man sie Außenseiter nennen. Denn über das Handwerk der Forschungssprecher hatten sie sich vorher nie Gedanken gemacht. Tanja G. Baudson ist Bildungsforscherin an der TU Dortmund, Claus Martin ist Musiker und Regisseur. Der Anstoß zu den Demonstrationen ging von den USA aus, wo am 22. April in vielen Städten mit „Marches for Science“ gegen die Wissenschaftsfeindlichkeit von US-Präsident Donald Trump demonstriert wurde. Instinktiv haben die beiden Initiatoren nicht zu Solidaritätsbekundungen für die amerikanischen Kollegen aufgerufen – sie wären weitgehend belanglos gewesen, denn die Situation der Wissenschaft hier ist völlig verschieden. Sie initiierten Demonstrationen, die den Wert einer freien Wissenschaft für unsere demokratische Gesellschaft unterstreichen sollten. Denn Werte vermittelt die Wissenschaft der Gesellschaft viel mehr, als sich selbst viele Forscher bewusst sind, viel mehr als Fakten und gebildetes Personal, unter anderem etwa für den Umgang mit Freiheit, für die öffentliche Streitkultur oder für die internationale Offenheit.  Wer da ins Detail gehen will, dem sei die Lektüre der interessantesten Vorträge von allen deutschen Demonstrationen empfohlen, die hier im Blog in der Reihe „Der ‚March for Science‘ lebt fort!“ dokumentiert wurden.

Die „Forschungssprecher des Jahres 2017“

Doch nun zu den „Forschungssprechern des Jahres 2017“: Zum zehnten Mal waren rund 700 Medizin- und Wissenschaftsjournalisten in Deutschland, Österreich und der Schweiz von der Zeitschrift „Medizin&Wissenschaftsjournalist“ und vom Blog „Wissenschaft kommuniziert“ aufgerufen, die auf Forschung spezialisierten Sprecher in Hochschulen, Forschungsinstituten, Organisationen und Wirtschaft zu beurteilen und die aus ihrer Sicht besten „Forschungssprecher des Jahres 2017“ zu wählen.

Die Überreichung der Urkunden an die „Forschungssprecher des Jahres 2016“: (v.r.) Florian Martini, Dr. Christina Beck, Dr. Ulrich Marsch, Überreicher der Auszeichnung Reiner Korbmann. Foto: (Ley/acatech)

Zur Wahl stand, wie in jedem Jahr, eine Vorschlagsliste mit rund 60 Namen – Vorschläge der Redaktion und Anregungen von Kollegen aus den letzten Jahren – alles Kolleginnen und Kollegen, die das komplexe Feld Kommunikation der Wissenschaft beherrschen, die als Sparingspartner, Kommunikationsmanager und Berater den Wissenschaftlern zur Seite stehen, wenn es gilt, mit anderen Bereichen unserer Gesellschaft zu kommunizieren, Werte zu vermitteln, Wissen zu liefern, das eigene Tun transparent zu machen, andererseits aber auch Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft frühzeitig zu erkennen und in das eigene Kommunikationsverhalten mit einzubeziehen.

„Forschungssprecher des Jahres“ auf hohem Niveau

Die Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben drei Kollegen gewählt, die sich nach ihrer Ansicht auszeichnen durch professionellen Umgang mit den Notwendigkeiten der Kommunikation und den Besonderheiten des Wissenschaftssystems, durch journalistisches Denken in Aktualität, Sprache, Geschichten, Hintergrundinformationen. Sie waren den Journalisten gute Partner durch Verständnis für die journalistischen Notwendigkeiten, und sie machten der Forschung alle Ehre durch das Niveau der Informationen, das sie vermittelten.

Hatte sich im letzten Jahr das Ergebnis vor allem auf Süddeutschland konzentriert (alle drei Forschungssprecher des Jahres 2016 kamen aus München), so steht in diesem Jahr eindeutig Norddeutschland im Mittelpunkt. Die Sieger dieser Wahl sind hervorragende Vertreter professioneller Wissenschaftskommunikation:

 

Ralf Roechert, Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven.

Zum „Forschungssprecher des Jahres 2017“ in der Kategorie „Institute und Hochschulen“ wurde Ralf Röchert gewählt, Leiter Kommunikation und Medien des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Weil ihm eine Karriere als Wissenschaftler zu „akademisch“ erschien, ging er in die Wissenschaftsvermittlung. Heute schöpft er aus einem wahren Fundus von Wissenschaftsgeschichten: Feldforschung in den spannendsten Regionen, Klimawandel, Forschungsschiffe und abenteuerliches Forscherleben.

 

 

 

 

 

 

Markus Weißkopf, Wissenschaft im Dialog Berlin.

Zum „Forschungssprecher des Jahres 2017“ in der Kategorie „Forschungsorganisationen und Stiftungen“ wurde Markus Weißkopf gewählt, Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“ in Berlin. Seit fünf Jahren leitet er die Agentur der großen Wissenschaftsorganisationen und wurde dabei zu einem Impulsgeber bei der Professionalisierung der Forschungssprecher. Er sieht ihre Rolle vor allem als Vermittler in beiden Richtungen zwischen der Welt der Wissenschaft und der Welt der Gesellschaft.

 

 

 

 

 

 

Dr. Stefanie Seltmann, Director External Communications Pfizer Deutschland Berlin.

Zur „Forschungssprecherin des Jahres 2017“ in der Kategorie „Industrie und andere Unternehmen“ wurde Dr. Stefanie Seltmann gewählt, Director External Communications bei Pfizer Deutschland in Berlin. Die promovierte Biologin ist aufmerksamen Lesern bereits bekannt, als „Forschungssprecherin des Jahres 2010“ in der Kategorie „Forschungsinstitute“, Damals war sie Pressesprecherin des DKFZ in Heidelberg, 2017 wechselte sie in die Industrie und überzeugte hier auf Anhieb ebenso die Kollegen. So sehr, dass sie auch die Online-Publikumswahl 2017 in dieser Kategorie gewann.

 

 

 

 

 

Auch dieses Jahr wieder: Die online-Publikumswahl

Gleichzeitig mit der Wahl durch 700 persönlich angeschriebene Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gab es auch in diesem Jahr wieder eine offene Wahl im Internet: Die online-Publikumswahl der beliebtesten Forschungssprecher. Forschungssprecher haben ein weites Umfeld – Kollegen, Wissenschaftler, Journalisten, Dienstleister, Nachbarn – alle haben mit den Sprechern eines Instituts oder einer Einrichtung zu tun. Jeder konnte sich daran beteiligen. Die Ergebnisse weichen von der offiziellen, persönlichen Befragung ab, auch weil der Kreis der Angesprochenen ein anderer war.

Das anonyme Internet verführt immer wieder zu Abstimmungskampagnen, in diesem Jahr waren es auffällig viele, vor allem in den Bundesländern Sachsen und Bayern. Da helfen alle technischen Hürden nichts, die gegen Doppelstimmen eingezogen sind. Doch das lässt sich relativ leicht filtern, nicht absolut sicher, aber zuverlässig genug um ein realistische Ergebnis zu bekommen.

Die Sieger der Online-Publikumswahl zu den Forschungssprechern des Jahres 2017:

Dr. Elisabeth Hoffmann, TU Braunschweig

In der Kategorie „Hochschulen und Forschungsinstitute“: Dr. Elisabeth Hoffmann, Leiterin Presse und Kommunikation
Technische Universität Braunschweig. Vor zwei Jahren war sie selbst „Forschungssprecherin des Jahres 2015“ und gilt als eine der treibenden Personen bei der Emanzipation der Wissenschaftskommunikation.

 

 

 

 

Marco Finetti, Deutsche Forschungsgemeinschaft Bonn.

Marco Finetti, Deutsche Forschungsgemeinschaft Bonn.

 

In der Kategorie „Forschungsorganisationen und Stiftungen“: Marco Finetti, Leiter der Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn. Er war bereits 2012 „Forschungssprecher des Jahres“ und im vergangenen Jahr ebenfalls Sieger der online-Publikumswahl in dieser Kategorie.

 

 

 

 

Dr. Stefanie Seltmann, Pfizer Deutschland.

In der Kategorie “Industrie und andere Unternehmen”: Dr. Stefanie Seltmann gewähltDirector External Communications bei Pfizer Deutschland in Berlin. Sie ist die erste Doppelsiegerin – sowohl bei der offiziellen Wahl zur „Forschungssprecherin des Jahres 2017“ gewählt, als auch bei der online-Publikumswahl.

 

 

So wurden sie gewählt:

Wer sind die besten Forschungs-Pressesprecher?  So lautete die Frage, die der  „Medizin& Wissenschaftsjournalist“ zusammen mit dem Blog „Wissenschaft kommuniziert“ rund 700 Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz per Mail gestellt hat. Dabei sollten folgende vier Kriterien ausschlaggebend sein:

  • Professionalität
  • Journalistische Fähigkeiten
  • Verständnis für die journalistischen Notwendigkeiten
  • Niveau der vermittelten Informationen

Es sollten auch nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Daher wurde die Welt der Wissenschaftskommunikation in drei Kategorien eingeteilt:

  • Forschungsinstitute und Hochschulen
  • Forschungsorganisationen und Stiftungen
  • Industrie und andere Unternehmen

Rund 60 Forschungs-Pressesprecher und -sprecherinnen in diesen Kategorien wurden als mögliche Kandidaten genannt. Jeder dem jeweiligen Kollegen bekannte Pressesprecher sollte nach dem deutschen Schulnotensystem bewertet werden. Den Ausschlag gab die Durchschnittsnote – also unabhängig von der Häufigkeit der Nennung, allerdings mit Mindestquorum, damit nicht Einzelstimmen zu Ausreißern führen.

Die Sieger des Vorjahres standen in diesem Jahr nicht wieder zur Wahl.